Teilweise Erwerbsminderung: Weniger Arbeitslosengeld wegen tatsächlicher Verfügbarkeit

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Das Landessozialgericht Hamburg musste entscheiden, ob bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes die theoretisch mögliche Arbeitszeit zählt, oder die reale Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. (L2 AL 15/24)

Freiwillige Beiträge und Erwerbsminderung

Der Betroffene arbeitete selbstständig als Berufsbetreuer und zahlte jahrelang freiwillig die Arbeitslosenversicherung ein hatte deshalb Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er bezog eine teilweise Erwerbsminderungsrente.

Eingeschränkte Vermittelbarkeit wegen Erwerbsminderung

Ende 2018 informierte er die Agentur für Arbeit, dass seine Arbeitszeit als Selbstständiger bald unter 15 Stunden pro Woche fallen würde,. Damit wäre er berechtigt gewesen, Arbeitslosengeld zu beziehen. Er meldete sich arbeitslos und beantragte die Sozialversicherungsleistung.

Er gab außerdem an, noch 14,88 Stunden wöchentlich als Betreuer zu arbeiten. Aus gesundheitlichen Gründen (Erwerbsminderung) könne er nur eingeschränkt vermittelbar sein.

Jobcenter und Betroffener vereinbaren 20 Stunden pro Woche

In der Eingliederungsvereinbarung legten die Arbeitsagentur und er als Ziel eine Stelle als Sozialpädagoge in Teilzeit mit 20 Wochenstunden fest. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihm Arbeitslosengeld für eine Verfügbarkeit von 20 Wochenstunden.

Der Betroffene sah sich deshalb als Erwerbsgeminderter diskriminiert und legte Widerspruch ein. Die Arbeitsagentur wies den Widerspruch zurück, und deshalb klagte der Berufsberater vor dem Sozialgericht.

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Höheres Leistungsvermögen ist einscheidend

Er argumentierte, er könne bis zu 32 Stunden die Woche arbeiten. Die Einschränkung auf 20 Stunden liege nur daran, dass er nicht wüsste, wann die Gerichte ihn aus den Betreuungsfällen entließen, für die er zuständig sei. Nicht die in der Vereinbarung stehende Zahl sei entscheidend, sondern sein tatsächliches und höheres Leistungsvermögen.

Trotz voller Beiträge nur geringeres Arbeitslosengeld

Außerdem sah er sich nicht nur als Erwerbsgeminderter, sondern auch als Beitragszahler diskriminiert.

Er hätte zehn Jahre freiwillig Beiträge gezahlt, die sich an einer Vollzeitbeschäftigung mit 39 Stunden orientierten. Jetzt, wo die Situation eingetreten sei, für die er eingezahlt hätte, würde er viel weniger Geld erhalten, auf Basis einer viel geringeren Arbeitszeit. Dies sei ebenso ungerecht wie verfassungswidrig.

Betroffener besteht selbst auf 20 Stunden Arbeitszeit

Die Arbeitsagentur hielt dagegen: Mehrfach hätte der Kläger selbst auf einer möglichen Arbeitszeit von 20 Stunden bestanden und hätte seine gesundheitliche Einschränkung und seine Nebentätigkeit als Grund dafür genannt.

Höhe freiwilliger Beiträge richtet sich nicht nach Arbeitszeit

Die Arbeitsagentur könne ihm folglich nur Arbeitsangebote bis zu 20 Stunden vermitteln, und entsprechend berechne sich auch das Arbeitslosengeld. Die Höhe freiwilliger Beiträge richte sich nicht nach der Arbeitszeit, sondern nach der monatlichen Bezugsgröße.

Was sagt das Sozialgesetz?

Das Sozialgericht stimmte der Behörde zu und bezog sich dabei auf den Paragrafen 151, Absatz 5 des Sozialgesetzbuches III:

„Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum.“

Es liege, so das Sozialgericht, erstens keine Diskrimierung vor, und zweitens seien Beitragshöhe und Leistungshöhe gesetzlich unterschiedlich geregelt.

Berufung zurückgewiesen

Der Betroffene legte vor dem Landessozialgericht Hamburg Berufung ein. Die Richter wiesen die Berufung zurück und teilten die Auffassung des Sozialgerichts und der Arbeitsagentur.

Arbeitslosengeld bemesse sich nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit und der Stundenzahl, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werde. Dies sei rechtlich festgelegt, um nicht durch Arbeitslosengeld mehr Leistungen zu bekommen, als man durch Arbeitseinkommen erzielen würde.

Es liegt keine Diskriminierung vor

Durch eigene Erklärungen und seine Nebentätigkeit würde der Kläger dem Arbeitsmarkt tatsächlich nur 20 Stunden pro Woche zur Verfügung stehen, und es sei korrekt, die Höhe des Arbeitsgeldes auch daran auszurichten. Dies sei weder verfassungswidrig noch diskriminierend. Der Betroffene erhält also kein höheres Arbeitslosengeld.