Schwerbehinderung: Neubewertung sorgt für GdB-Absenkung

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Ein Grad der Behinderung gilt bei einer grundsätzlich heilbaren Erkrankung nur befristet. Dann folgt eine Neufeststellung. Sinkt der Grad der Behinderung jetzt unter 50, dann verlieren die Betroffenen erhebliche Nachteilsausgleiche.

Das Thüringer Landessozialgericht musste darüber entscheiden, ob ein Herabsenken des GdB berechtigt war. Das Urteil zeigt, welche Kriterien zu beachten sind. (L 5 SB 738/22).

Wann erfolgt eine Herabsetzung und was können Sie dagegen tun?

Ein Grad der Behinderung wird in der Regel nach einer Überprüfung des Gesundheitszustands herabgesetzt und / oder nach der erfolgreichen Heilungsbewährung.

Sie können gegen den Bescheid des Versorgungsamtes Widerspruch einlegen. Wird dieser zurückgewiesen, dann können Sie vor dem Sozialgericht klagen. Dieser Fall zeigt, was ein Sozialgericht bei einer Entscheidung berücksichtigt.

Heilungsbewährung bei Krebs

Bei Krebserkrankungen wird grundsätzlich eine Neufeststellung angeordnet. In der Regel ist bereits der erste Bescheid mit dem Grad der Behinderung mit dem Hinweis versehen, dass und voraussichtlich, wann diese erneute Prüfung stattfindet.

Der Hintergrund ist, dass sich bei einer Krebserkrankung der Gesundheitszustand verändern kann. Eine Therapie ist möglicherweise erfolgreich. Zudem können die Einschränkungen unmittelbar nach einer Operation wesentlich schlimmer sei als die Wundheilung und einer medizinischen Rehabilitation.

Verbessert sich allerdings der gesundheitliche Zustand, dann muss auch der Grad der Behinderung neu bewertet werden.

Ist eine Therapie nicht erfolgreich, dann kann sich bei einer Krebserkrankung der gesundheitliche Zustand auch verschlechtern. In diesen Fällen wäre dann ein höherer Grad der Behinderung angemessen als bei der Erstfeststellung.

Schwerbehinderung wegen Brustkrebs

Die Betroffene hatte einen Grad der Behinderung von 50 zuerkannt. Dies geschah 2013 wegen einer Krebserkrankung der rechten Brust mit Aufbauplastik. Das Versorgungsamt sah eine Heilungsbewährung von fünf Jahren vor und plante danach eine Überprüfung, ob sich der Zustand verbessert hatte.

Heilung und Herzleiden

Ende 2018 kamen ärztliche Befunde dann zu dem Ergebnis, dass der Krebs nicht wieder aufgetreten war. Allerdings gab es jetzt zusätzlich eine geminderte Herzleistung mit Herzklappenfehler.

Für die Betroffene bedeutete es Erleichterung, dass der Krebs erst einmal geheilt war, doch dies bedeutete auch einen geringeren Grad der Behinderung. Das Versorgungsamt stellte wegen der Herzbeschwerden einen Grad der Behinderung von 20 fest und wegen des Verlustes der Brust mit Aufbauplastik ebenfalls einen Grad der Behinderung von 20.

Der Grad der Behinderung wird gesenkt

Ein Gesamtgrad der Behinderung wird nicht festgestellt, indem man die Einzelgrade der Behinderung (hier 20 und 20) addiert. Vielmehr geht es darum, ob sich die jeweiligen Einschränkungen gegenseitig negativ beeinflussen oder neutral nebeneinander stehen.

Insgesamt kam die Behörde zu dem Ergebnis, dass die vorhandenen Einschränkungen zu einem Grad der Behinderung von 30 führten – statt zuvor von 50.

Verlust von Nachteilsausgleichen

Ab einem Grad der Behinderung von 50 gilt eine Behinderung als Schwerbehinderung. Erst mit dieser gelten viele Nachteilsausgleiche wie zusätzliche Urlaubstage, angepasste Gestaltung des Arbeitsplatzes, besonderer Kündigungsschutz, Altersrente für schwerbehinderte Menschen oder Verbot von Mehrarbeit.

Gleichstellung (GdB 30 – 40)

Wer „nur“ einen Grad der Behinderung zwischen 30 und 40 hat, kann sich auf Antrag bei der Agentur für Arbeit einem schwer­behinderten Menschen gleichstellen lassen (§ 2 Abs. 3 SGB IX). Die Gleichstellung gilt ab Eingang des Antrags und bringt vor allem arbeits­rechtliche Vorteile:

Besonderer Kündigungsschutz – eine Kündigung braucht die Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamts.
Nachteilsausgleich im Arbeitsleben – z. B. Vorrang bei internen Stellenausschreibungen, begleitende Hilfen, Lohnkosten- und Ausstattung­szuschüsse.

Keine Zusatzurlaubstage, keine vorgezogene Altersrente, kein Anspruch auf unentgeltliche ÖPNV-Nutzung; diese Vergünstigungen bleiben einem GdB ≥ 50 vorbehalten.

Steuerliche Pauschbeträge (ab GdB 20)

Schon ab GdB 20 können Betroffene statt einzelner Nachweise den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG geltend machen. Die Jahresbeträge 2025:

GdB Pauschbetrag
20 384€
30 620€
40 860€
50 1 140 €
60 1 440 €
70 1 780 €
80 2 120 €
90 2 460 €
100 2 840 €

Klage vor dem Sozialgericht

Die Betroffene verlangte weiterhin einen Grad der Behinderung von 50 und legte Widerspruch beim Versorgungsamt ein. Die Behörde wies diesen zurück, und die Frau klagte deshalb vor dem Sozialgericht.