Sozialhilfe muss Brillenreparatur bezahlen

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BSG verneint Zuschuss fรผr Brillenglรคser wegen verรคnderter Sehstรคrke

Sozialhilfeempfรคnger erhalten die Kosten fรผr die Reparatur einer kaputten Brille vom Sozialamt grundsรคtzlich erstattet. Neue Brillenglรคser wegen einer verschlechterten Sehstรคrke ab 0,5 Dioptrien mรผssen jedoch aus eigener Tasche bezahlt werden, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Mittwoch, 2. Oktober 2019, schriftlich verรถffentlichten Urteil (Az.: B 8 SO 13/18 R).

Vor Gericht war ein Mann aus Reutlingen gezogen, der neben seiner Rente auch auf Sozialhilfeleistungen angewiesen war. Der Rentner hatte von seinem Sozialamt zuletzt 78 Euro fรผr die โ€žReparatur” seiner Weitsichtbrille verlangt. Die Brillenglรคser seien mit der Zeit stumpf geworden und kรถnnten nicht mehr ordentlich gereinigt werden. Ein Austausch sei erforderlich. Er verwies darauf, dass eine Brille als โ€žtherapeutisches Gerรคt” gelte. Nach den gesetzlichen Bestimmungen mรผsse das Sozialamt Kosten fรผr Reparaturen von therapeutischen Gerรคten zusรคtzlich zum Regelbedarf รผbernehmen.

Der Rentner legte zudem eine Verordnung der behandelnden Augenรคrztin vor, die ihm eine Verschlechterung der Sehstรคrke um mehr als 0,5 Dioptrien bescheinigte.

Die Behรถrde lehnte den Antrag ab und bestritt, dass eine Brille als โ€žtherapeutisches Gerรคt” anzusehen sei. AuรŸerdem liege keine โ€žReparatur” vor. Denn die neuen Brillenglรคser seien wegen einer Verschlechterung der Sehschรคrfe erforderlich. Dies komme einer Neuanschaffung gleich.

Nur einmalige Beihilfe fรผr Brille

Vor dem BSG hatte der Sozialhilfebezieher keinen Erfolg. Die Kasseler Richter betonten jedoch, dass eine Brille sehr wohl als โ€žtherapeutisches Gerรคt” anzusehen sei. Sozialรคmter seien bei solchen โ€žeinmaligen Bedarfen” zur Kostenรผbernahme der Reparatur grundsรคtzlich verpflichtet. Denn die Reparaturkosten fรผr therapeutische Gerรคte seien im Regelbedarf nicht enthalten.

Der 8. BSG-Senat folgte damit der Auffassung des fรผr Hartz IV zustรคndigen 14. BSG-Senat. Dieser hatte bereits am 25. Oktober 2017 geurteilt, dass Jobcenter fรผr die Reparatur einer kaputten Brille aufkommen mรผssen, da es sich um ein โ€žtherapeutisches Gerรคt” handele (Az.: B 14 AS 4/17 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).

Im jetzt entschiedenen Fall erlรคuterten die obersten Sozialrichter, dass es fรผr die รœbernahme der Reparaturkorsten einer Brille auch nicht darauf ankomme, ob ein oder zwei Brillenglรคser kaputt sind und ersetzt werden mรผssten. Eine defekte Brille mรผsse grundsรคtzlich in den funktionsfรคhigen, defektfreien Zustand zurรผckversetzt werden, in dem sie vor Schadenseintritt war, heiรŸt es in dem Urteil vom 18. Juli 2019.

Hier stehe dem Klรคger die รœbernahme der โ€žReparaturkosten” aber nicht zu, da es sich bei den neuen Glรคsern nicht um eine โ€žReparatur” handele. Die Brillenglรคser seien vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil sich die Sehschรคrfe des Rentners verschlechtert habe und nicht, weil die Glรคser beschรคdigt waren. Wรผrden die Glรคser in der frรผheren Stรคrke ersetzt, wรผrde dies nicht ausreichen, um die Sehbeeintrรคchtigung wieder auszugleichen.

Eine relevante Sehstรคrkenverรคnderung liegt laut BSG dabei nach der Hilfsmittel-Richtlinie ab einer Verรคnderung um 0,5 Dioptrien vor. In solch einem Fall sei der Austausch von Brillenglรคsern mit einer Brillen-Neuanschaffung vergleichbar. Diese Kosten seien aber im Regelbedarf enthalten und mรผssten vom Sozialhilfebezieher selbst getragen werden. fle