Behinderte Sozialhilfe-Bezieher können bei der Wohnungssuche Anspruch auf Unterstützung des Leistungsträgers haben. Bleibt dies aus, können sie auch dann in ihrer gegenwärtigen Wohnung bleiben, wenn das Sozialamt diese für zu teuer hält, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Freitag, 7. Oktober 2022, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag entschied (Az.: B 8 SO 7/21 R).
Sozialamt forderte zum Umzug auf
Die Klägerin lebt mit ihrem Mann in einer Mietwohnung in Minden. Sie leidet an Epilepsie, bezieht eine Erwerbsminderungsrente und zudem Sozialhilfe.
Ihr Ehemann ist geistig behindert und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Er bekommt eine auskömmliche Rente und ist deshalb nicht auf Sozialhilfe angewiesen.
Dem Sozialamt in Minden ist die Miete des Paares von 565 Euro monatlich warm zu hoch. Dagegen wehrt sich die Frau. Angesichts ihrer Behinderungen seien sie froh gewesen, überhaupt eine Wohnung zu finden. Bemühungen um eine günstigere Wohnung seien erfolglos gewesen.
BSG fordert Hilfe für behinderte Menschen bei der Wohnungssuche
Auch das BSG betonte nun, dass behinderte Menschen besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben können. Individuelle Beeinträchtigungen könnten „zu einer erheblichen Einschränkung oder Verschlossenheit des Wohnungsmarkts“ führen.
Nach dem Kasseler Urteil darf das Sozialamt die behinderten Menschen dann nicht alleinlassen. Vielmehr sei dann „eine individuelle Hilfestellung des Leistungsträgers geboten, um eine Wohnung zu finden“.
Biete das Amt keine Hilfe an oder könne es ebenfalls keine günstigere Wohnung finden, sei „grundsätzlich von der konkreten Angemessenheit der (gegenwärtigen) Wohnung auszugehen“.
Nach diesen Maßgaben soll nun das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen den Umfang der Beeinträchtigungen des Paares prüfen und dann neu über den Streit entscheiden. mwo