Erhalten Sozialhilfebezieher aufgrund eines Behördenfehlers über vier Jahre lang zu Unrecht Sozialhilfeleistungen, darf die Behörde bei der Rückforderung ihren Fehler nicht unberücksichtigt lassen.
Fordert sie pauschal die Sozialhilfeleistungen zurück, liegt ein Ermessensfehler vor, der die Rechtswidrigkeit des Erstattungsbescheides begründet, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Donnerstag, 19. Dezember 2024, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: B 8 SO 1/24 R).
Sozialhilfe wegen Behördenfehlers zu Unrecht bezogen
Die Klägerin aus dem Landkreis Pinneberg war ab Juli 2010 wegen ihrer niedrigen vollen Erwerbsminderungsrente auf zusätzliche Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Als sie heiratete und mit ihrem Ehemann zusammenzog, teilte sie das dem Landkreis als zuständigen Sozialhilfeträger nicht mit, obwohl dies für den weiteren Anspruch auf Sozialhilfeleistungen vorgeschrieben war.
Der Landkreis wies die Frau darauf hin, dass ohne Vorlage aktueller Unterlagen wie etwa Kontoauszüge ab dem 1. April 2011 keine Sozialhilfeleistungen mehr gewährt werden könnten. Doch statt die Zahlungen einzustellen, hatte die Sachbearbeitung der Behörde versäumt, ein Häkchen in der EDV-Fachanwendung zu entfernen. Die Folge: Die Frau erhielt weiterhin Hilfe zum Lebensunterhalt.
Sozialamt fordert 15.000 Euro zurück
Erst im Februar 2016 wurde der Behördenfehler bemerkt. Der Landkreis hob die Bewilligung der Sozialhilfeleistungen auf und verlangte die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Sozialhilfe in Höhe von rund 15.000 Euro.
Das Landessozialgericht (LSG) Schleswig Holstein urteilte, dass die Rückforderung für den Streitzeitraum 1. April 2011 bis 30. November 2015 rechtswidrig war.
BSG: Behörde muss Fehler bei Erstattungsforderung berücksichtigen
Dies hat das BSG nun bestätigt. Zwar habe die Klägerin die Sozialhilfeleistungen zu Unrecht erhalten. Wenn die Zahlung aber auf einem Behördenfehler und mangelnden internen Kontrollmechanismen über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren beruhe, müsse der Sozialhilfeträger dies bei der Entscheidung über die Erstattungsforderung berücksichtigen. Dies habe er hier jedoch unterlassen und damit einen Ermessensfehler begangen. Dies alleine führe zur Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheides, so das BSG.
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