Selbstständige können dann nachträglich ein höheres Krankengeld beziehen

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Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat sich mit einer wichtigen Frage für Selbstständige befasst: Können freiwillig gesetzlich Versicherte nachträglich ein höheres Krankengeld einfordern, wenn aktuellere Einkommensdaten vorliegen?

In drei verhandelten Fällen ging es um die Praxis der Krankenkassen, Krankengeld auf Basis älterer Einkommensteuerbescheide zu berechnen.

Das Ergebnis war gemischt: Während eine Klage erfolgreich war, wurden zwei weitere abgewiesen. Der Entscheidungsprozess beleuchtet wichtige Details zur Berechnung und Anpassung von Krankengeld für freiwillig gesetzlich Versicherte.

Wie wird Krankengeld für Selbstständige berechnet?

Selbstständige, die freiwillig gesetzlich versichert sind, haben keinen automatischen Anspruch auf Krankengeld. Sie müssen eine Wahlerklärung abgeben und höhere Beiträge zahlen, um diesen Schutz ab dem 43. Tag einer Krankschreibung zu erhalten. Die Krankengeldhöhe wird auf Basis der Beitragsbemessung berechnet, die wiederum vom Einkommen abhängt.

Wichtig: Die Krankenkassen legen zur Berechnung des Krankengelds in der Regel den letzten vorliegenden Einkommensteuerbescheid zugrunde. Dabei kann es vorkommen, dass ein Einkommensteuerbescheid zum Zeitpunkt der Krankengeldbewilligung nicht aktuell ist. Das führt zu Spannungen, wenn sich das Einkommen zwischenzeitlich geändert hat.

Die drei Fälle vor Gericht: Warum gab es unterschiedliche Urteile?

Das Sozialgericht verhandelte drei Fälle mit leicht unterschiedlichen Konstellationen:

  1. Fall 1: Einkommensteuerbescheid nach Krankengeldbewilligung vorgelegt
    Ein Selbstständiger legte seinen aktuelleren Einkommensteuerbescheid erst vor, nachdem das Krankengeld bereits bewilligt wurde. Das Gericht entschied gegen ihn: Der zum Zeitpunkt der Bewilligung vorliegende Steuerbescheid ist maßgeblich. Eine nachträgliche Anpassung war daher nicht möglich.
  2. Fall 2: Einkommensteuerbescheid vor Krankengeldbewilligung vorgelegt
    Hier hatte der Kläger Erfolg. Der aktuellere Bescheid lag bereits vor, bevor die Krankenkasse über das Krankengeld entschied. Das Gericht befand, dass dieser auch für die Krankengeldberechnung hätte herangezogen werden müssen. Da dies nicht geschehen war, war die Klage berechtigt.
  3. Fall 3: Fehlende Belege für ein höheres Einkommen
    In diesem Fall machte der Selbstständige Angaben zu einem höheren Einkommen, legte jedoch keine Belege vor. Die Krankenkasse berechnete das Krankengeld daher auf Basis eines niedrigeren Mindesteinkommens. Da konkrete Nachweise fehlten, blieb die Klage erfolglos.

Welche Grundsätze gelten für nachträgliche Anpassungen?

Nach Auffassung des Gerichts gibt es enge Voraussetzungen für eine nachträgliche Erhöhung des Krankengeldes:

  • Aktueller Einkommensteuerbescheid: Nur ein Bescheid, der vor der Entscheidung über die Krankengeldbewilligung vorliegt, kann berücksichtigt werden.
  • Konkrete Anhaltspunkte: Eine nachträgliche Anpassung ist möglich, wenn der ursprünglich berechnete Betrag offensichtlich nicht der wirtschaftlichen Situation vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht.
  • Diskrepanz beim Mindesteinkommen: Wenn ein fiktives Mindesteinkommen angesetzt wurde, das deutlich vom tatsächlichen Einkommen abweicht, kann dies Anlass für eine Korrektur sein.

Die Richter betonten, dass die Krankenkassen keine Mindestkrankengeldhöhe garantieren müssen. Das tatsächlich erzielte Einkommen ist entscheidend, aber es muss durch Belege nachgewiesen werden.

Was bedeuten die Urteile für Selbstständige, die Krankengeld beziehen?

Die Entscheidungen des Sozialgerichts Frankfurt am Main verdeutlichen, wie wichtig es für Selbstständige ist, ihre Einkommensverhältnisse klar und rechtzeitig nachzuweisen. Vor allem folgende Aspekte sollten beachtet werden:

  1. Regelmäßige Aktualisierung der Steuerbescheide: Selbstständige sollten darauf achten, dass ihre Krankenkasse stets die aktuellen Einkommensteuerbescheide erhält. Verzögerungen können dazu führen, dass ein niedrigerer Betrag für das Krankengeld angesetzt wird.
  2. Vollständige Belege einreichen: Wer ein höheres Einkommen geltend machen möchte, muss dies durch belastbare Unterlagen belegen. Unvollständige oder fehlende Nachweise erschweren eine nachträgliche Anpassung erheblich.
  3. Fristen beachten: Sobald eine Arbeitsunfähigkeit eintritt, ist es entscheidend, dass alle relevanten Einkommensnachweise vorliegen, bevor die Krankenkasse über das Krankengeld entscheidet.

Mehr Klarheit für Selbstständige

Die Urteile des Sozialgerichts schaffen Klarheit für Selbstständige in Bezug auf Krankengeldberechnungen. Während die Krankenkassen ihre Beiträge rückwirkend anpassen dürfen, gelten für das Krankengeld strenge zeitliche und inhaltliche Voraussetzungen.

Nur wer seine Einkommensverhältnisse rechtzeitig und umfassend dokumentiert, kann sicherstellen, dass das Krankengeld die tatsächliche wirtschaftliche Lage widerspiegelt.

Die Aktenzeichen (S 14 KR 160/21, S 34 KR 1684/22, S 34 KR 727/21) zeigen die Relevanz dieser Streitfragen – und bieten zugleich eine Orientierungshilfe für ähnliche Fälle in der Zukunft.