Schwerbehinderung: Krankenkasse muss für seelisch Behinderte Hund zahlen

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Krankenkasse muss behinderter Bürgergeldempfängerin PTBS-Assistenzhund bezahlen

Eine Seelisch Behinderte Sozialleistungsempfängerin hat Anspruch auf PTBS-Assistenzhund als Leistung zur sozialen Teilhabe ( (§ 113 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB IX).

Im Einzelfall und abhängig von den Umständen kann ein Mensch mit einer seelischen Behinderung einen Anspruch auf Versorgung mit einem PTBS-Assistenzhund haben

Wenn ein Anspruch auf einen PTBS-Assistenzhund als Leistung zur sozialen Teilhabe besteht, umfasst der Anspruch auch die Kosten für den laufenden Unterhalt des Hundes.

Das gibt aktuell das Gericht in Baden-Württemberg bekannt.

An posttraumatische Belastungsstörung leidende Bürgergeld- Bezieherin kann die beantragten Leistungen als Leistungen zur sozialen Teilhabe beanspruchen

Leistungen zur sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.

Die Leistungen umfassen u.a. Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen.

Beim NPTBS-Assistenzhund handelt es sich um ein Hilfsmittel zur sozialen Teilhabe, das für diesen Zweck geeignet und notwendig ist. Die Leistungen umfassen auch die Kosten für die laufende Versorgung des Hundes

Obwohl ein Lebewesen, ist ein PTBS-Assistenzhund rechtlich gesehen ein Hilfsmittel, allerdings nicht zwingend immer ein medizinisches Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V (so aber wohl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2024, L 4 KR 1714/21 ).

Hilfsmittel können verschiedenen Zwecken dienen

Ein Hilfsmittel kann durchaus mehreren Zwecken dienen, etwa der medizinischen Rehabilitation einerseits, der sozialen Rehabilitation andererseits.

Die soziale Rehabilitation hat dabei eine Komplementärfunktion:

Während die medizinische Rehabilitation dem Betroffenen nur die Erschließung seines Nahbereichs ermöglichen soll, zielt die soziale Rehabilitation darüber hinaus – räumlich gesehen, aber auch inhaltlich .

Für die Abgrenzung ist maßgeblich, welcher Bedarf im konkreten Fall mit dem Hilfsmittel befriedigt werden soll.

Denn kommt es zu Überschneidungen, ist § 2 Abs. 2 SGB I zu beachten:

Nach dieser Vorschrift ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Dem widerspräche es, ein Hilfsmittel, das mehreren gleichwertigen Zwecken dient, gerade demjenigen Leistungsbereich zuzuordnen, in dem ein Anspruch ausgeschlossen ist.

Nach Auffassung des Gerichts ist der PTBS-Assistenzhund geeignet, um der Klägerin eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern

Die Antragstellerin leidet an Ängsten, vor allem in sozialen Situationen. Zudem treten bei ihr dissoziative Zustände auf, in denen die Klägerin kaum noch in der Lage ist, zu handeln und mit ihrer Umwelt zu interagieren. Zwar kann ein PTBS-Assistenzhund diese Erkrankungen nicht heilen.

Er kann aber dazu beitragen, die sozialen Folgen der Behinderung zu reduzieren:

1. Ein ausgebildeter Assistenzhund für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen ist u.a. in der Lage, dem Menschen durch seine Nähe oder Berührung an verschiedenen Orten Sicherheit zu geben; auf Signal stellt er sich zwischen seinen und einen anderen Menschen, um Distanz zu schaffen.

2. Der Hund kann in Notsituationen Hilfe leisten, z.B. dadurch, dass er bei erlernten Anzeichen Dissoziationen durch taktile Stimulation unterbricht und den Menschen anschließend bei Bedarf beruhigt .

3. Außerdem ist der Hund auch in der Lage, den Menschen auf Signal durch eine Menschenmenge zu führen, etwa eine Menge in der Innenstadt.

Hilfestellungen bieten für die Empfängerin von Sozialleistungen nur Vorteile z. Bsp. Teilnahme am Leben

Alle diese Hilfestellungen haben nur Vorteile für die Bürgergeld- Bezieherin, denn es ermöglicht es der Klägerin am öffentlichen Leben teilzunehmen, insbesondere in persönlichen Kontakt mit Menschen zu treten

Bei Begleitung durch einen PTBS-Assistenzhund hätte die Klägerin wohl weniger Angst, angegriffen oder belästigt zu werden. Sie könnte daher auch Orte aufsuchen, die sie derzeit wegen der Anwesenheit vieler fremder Menschen meidet, etwa öffentliche Verkehrsmittel.

Außerdem könnte der Hund sie bei einer Panikattacke oder Dissoziation beruhigen. Die Gewissheit, dass im Notfall Hilfe bereitsteht, würde die Klägerin mental in die Lage versetzen, sich in einem weiteren sozialen Umfeld zu bewegen, als sie dies aktuell tun kann.

Hierfür ist ein PTBS-Assistenzhund nicht nur geeignet, sondern auch notwendig.
Ein Hund ohne spezielle Ausbildung reicht hierfür nicht – entgegen der Ansicht der Beklagten.

Auch Kosten für den laufenden Unterhalt für den Hund sind zu übernehmen, aber nicht als feste Pauschale

Die Antragstellerin hat einen Anspruch nicht nur auf einen PTBS-Assistenzhund selbst, sondern zusätzlich auf Übernahme der Kosten für dessen laufenden Unterhalt – allerdings nicht in Form einer festen Pauschale, wie von ihr beantragt.

Denn der Anspruch auf ein Hilfsmittel umfasst auch dessen notwendige Instandhaltung (§ 84 Abs. 2 SGB IX). Dazu gehören sämtliche Maßnahmen, die das Hilfsmittel in einem funktionsfähigen Zustand halten. Das sind in vor allem die Betriebskosten, aber z.B. auch die Kosten für eine vorgeschriebene Versicherung .

Diese Grundsätze gelten nicht nur für technische Geräte, sondern auch für Hunde als Hilfsmittel.

Fazit

1. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann ein Mensch mit einer seelischen Behinderung einen Anspruch auf Versorgung mit einem PTBS-Assistenzhund haben.

2. Besteht ein Anspruch auf einen PTBS-Assistenzhund als Leistung zur sozialen Teilhabe, umfasst der Anspruch auch die Kosten für den laufenden Unterhalt des Hundes.