Schwerbehinderung bei Diabetes nur dann möglich

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Das Bundessozialgericht entschied in einem konkreten Fall, dass ein Grad der Behinderung über 40 bei Diabetes voraussetzt, dass Betroffene durch erhebliche Einschnitte gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sind. (B 9 SB 2/24 R)

Warum ist ein Grad der Behinderung über 40 wichtig?

Diese Entscheidung ist deshalb wichtig, weil ab einem Grad der Behinderung von 50 eine Schwerbehinderung vorliegt. Bei Schwerbehinderung gelten Nachteilsausgleiche, die Betroffene mit niedrigeren Graden der Behinderung nicht beanspruchen können.

Zu diesen zählen das Recht auf eine (vorzeitige) Altersrente für schwerbehinderte Menschen, ein besonderer Kündigungsschutz, das Recht auf eine den Bedürfnissen entsprechende Gestaltung des Arbeitsplatzes, das Verbot von Mehrarbeit, zusätzliche Urlaubstage oder Rabatte in vielen Einrichtungen wie Museen, Theatern oder Sportveranstaltungen.

Widerspruch gegen Anerkennung von GdB 40

Die Betroffene ist 14 Jahre alt, an Diabetes I erkrankt und bekam wegen ihrer Einschränkungen einen Grad der Behinderung von 40 anerkannt sowie das Merkzeichen H für Hilflosigkeit.

Sie begehrte jedoch einen Grad der Behinderung von 50 und legte deshalb Widerspruch ein. Diesen lehnte das Amt ab, und deshalb ging der Fall durch die Instanzen der Sozialgerichte.

Sozialgericht Osnabrück hält GdB 50 für angemessen

Das Sozialgericht Osnabrück erkannte erhebliche Einschnitte, die ihre Lebensführung gravierend beeinträchtigten. So müsse die Betroffene deutlich mehr beobachtet, betreut und begleitet werden, als es ihrem Alter entspreche.

Diese Notwendigkeit engmaschiger Hilfe in der Lebensführung schränke ihre Möglichkeiten zur Teilhabe deutlich ein, und deshalb sei ein Grad der Behinderung von 50 angemessen. (S 9 SB 399/20)

Landessozialgericht hebt Urteil auf

Im Berufungsverfahren kam das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu einem anderen Ergebnis und hob das Urteil der ersten Instanz auf. Es könne keine Beeinträchtigung der Lebensführung feststellen, die erheblich über die erforderliche elterliche Überwachung und Begleitung hinausginge. (L 13 SB 60/23)

In der letzten Instanz wird BSG bestätigt

Das Bundessozialgericht als letzte Instanz der Sozialgerichtsbarkeit bestätigte die Einschätzung des Landessozialgerichts und begründete diese mit den Voraussetzungen, die für einen Grad der Behinderung von 50 oder mehr gegeben sein müssten.

Diese sind im Paragrafen 152 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches IX festgelegt und beruhen auf den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Demnach bedeutet ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr, dass die Lebensführung gravierend beeinträchtigt ist.

Das Landessozialgericht habe korrekt nach diesen Maßstäben die Situation der Betroffenen mit der Gleichaltriger ohne Erkrankungen verglichen.

Die Betroffene hätte sich nicht stationär behandeln lassen und auch nicht längere Zeit in der Schule fehlen müssen. Trotz der Auswirkungen der Diabetes sei ihre Integrationsfähigkeit ebenso ungefährdet wie ihre psychischen und soziale Entwicklung.

Die Betroffene sei ausgesprochen kontaktfreudig, habe viele Freunde und betreibt als Leistungssport Vielseitigkeitsreiten.

Das Merkzeichen H sei in der Gesamtsituation ausreichend.