Der Wunsch von Betreuungsbedรผrftigen, ihren Betreuer selbst zu wรคhlen, geht vor. Dies gilt sogar dann, wenn das Fortsetzen der bestehenden Betreuung objektiv besser erscheint. So entschied der Bundesgerichtshof und schlug damit einen Pflock ein fรผr das Selbstbestimmungsrecht betreuungsbedรผrftiger Menschen. (XII ZB 217/23)
Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Betreuung wegen Autismus
Die Betroffene ist Asperger-Patientin und wegen ihrer Form des Autismus auf eine rechtliche Betreuung angewiesen, unter anderem in den Bereichen Versicherung und Finanzen. Seit 2014 war ein rechtlicher Betreuer fรผr sie zustรคndig.
Keine Beitrรคge an die Krankenkasse wegen fehlender Mitwirkung
Dieser schlug 2022 vor, die Betreuung auf die Gesundheitssorge zu erweitern. Denn das Sozialamt zahlte damals keine Beitrรคge mehr an die Krankenkasse wegen fehlender Mitwirkung der Betroffenen. Diese hatte sich von ihrer Mutter รผberzeugen lassen, die behandelnden รrzte nicht von der Schweigepflicht zu entbinden.
Betroffene will ihre Mutter als Betreuerin haben
Die Betreute stellte klar, dass sie einer Erweiterung der Aufgaben um die Gesundheitssorge nur zustimmen wรผrde, wenn ihre Mutter als Betreuerin gestellt sei. Die zustรคndige Behรถrde lehnte dies ab und wollte die bestehende Betreuung fortsetzen, mitsamt jetzt erweitertem Aufgabenfeld.
Es geht durch die Instanzen
Die Betroffene klagte dagegen, um ihren Anspruch durchzusetzen, dass ihre Mutter die gesetzliche Betreuung รผbernahm. Das Landgericht Ravensburg wies die Klage ab.
Die Richter begrรผndeten dies damit, dass die Fortsetzung der bestehenden Betreuung objektiv besser geeignet sei. Denn unter anderem durch die Ratschlรคge ihrer Mutter sei es notwendig geworden, die Gesundheitsversorgung in die Betreuung aufzunehmen.
Bundesgerichtshof stellt die Selbstbestimmung in den Vordergrund
Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf. Die dortigen Richter sagten, dass die Vorinstanzen verkannt hรคtten, dass die Entscheidung dem freien Willen der Betroffenen widersprochen hรคtte. Denn diese habe darauf bestanden, dass eine Erweiterung der Betreuung um den Bereich der Gesundheitsvorsorge damit verbunden sein mรผsste, ihre Mutter als Betreuerin zu bestellen.
Der Wille steht รผber dem objektiven Vorteil
Wenn also ein Mensch einen bestimmten Betreuer will und einen anderen Betreuer ablehnt, dann ist dies laut dem Bundesgerichtshof zu akzeptieren. Es ist sogar dann zu akzeptieren, wenn eine bestehende Betreuung objektiv von Vorteil wรคre.
Die Richter fรผhrten aus: โIn einem solchen Fall ist trotz der Betreuungsbedรผrftigkeit des Betroffenen und fortbestehendem Betreuungsbedarf die Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung ausgeschlossen.โ
Was gilt rechtlich?
Bei der Wahl des Betreuers gelten folgende Grundsรคtze: Der Wunsch des Betreuungsbedรผrftigen, eine bestimmte Person zum Betreuer zu bestellen, steht an erster Stelle vor allen anderen Kriterien. Das Gericht muss diesem Wunsch entsprechen, es sei denn, die gewรผnschte Person ist ungeeignet.
Allerdings stellten die Richter jetzt klar, dass die Hรผrde fรผr โungeeignetโ hoch ist. Eine Betreute darin zu stรคrken, behandelnde รrzte nicht von der Schweigepflicht zu entbinden, bedeutet noch nicht grundsรคtzlich ungeeignet zu sein.
Das Betreuungsgericht kann also den Wunsch ablehnen, wenn die Bestellung der Person dem Wohl des Betroffenen entgegensteht oder die betreffende Person nicht zur Fรผhrung der Betreuung in der Lage ist.
Gibt es formale Vorgaben fรผr die Wahl des Betreuers?
Sie kรถnnen Ihren Wunsch in einer Betreuungsverfรผgung schriftlich festhalten. Diese muss das Gericht als bindend ansehen. Sie kรถnnen den Wunsch auch mรผndlich รคuรern. Den Wunsch zu รคuรern setzt weder voraus, dass sie geschรคftsfรคhig noch einsichtig sind. Es reicht aus, dass Sie Ihren Willen kundtun kรถnnen.




