Schwerbehinderte darf Assistenzhund nicht ins Theater mitnehmen

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Assistenzhunde dรผrfen normalerweise auch an Orte mitgenommen werden, an denen ansonsten Hundeverbot herrscht. Das Amtsgericht Mรผnchen entschied jedoch, dass in einem speziellen Fall das Verbot, Tiere ins Theater mitzunehmen, auch fรผr Assistenzhunde gilt. (191 C 24919/16)

Der Behindertenbegleithund ist notwendig

Die Betroffene ist auf einen Rollstuhl angewiesen und zu 70 Prozent schwerbehindert. Sie hat einen Golden Retriever, der als Assistenzhund ausgebildet ist und ihr hilft, die alltรคglichen Angelegenheiten zu bewรคltigen.

Der Retriever ist als Behindertenbegleithund geprรผft und hilft ihr unter anderem dabei, Schubladen zu รถffnen, sich an- und auszuziehen.

Der Hund darf nicht zum “Tanz der Vampire”

Sie erwarb Eintrittskarten fรผr sich und eine Begleiterin fรผr das Musical “Tanz der Vampire”, fรผr sich reservierte sie einen Rollstuhlplatz.

Sie erschien zur Veranstaltung mit der Begleiterin und ihrem Golden Retriever. Doch die Mitarbeiter verwiesen sie darauf, dass Hunde im Zuschauerraum nicht erlaubt seien.

Der Hund muss in unmittelbarer Nรคhe sein

Die Betroffene zeigte ihren Behindertenbegleithund-Ausweis, ein Anwaltsschreiben und ein Gesundheitszeugnis des Hundes. Damit belegte sie, dass sie darauf angewiesen ist, dass der Retriever sich in ihrer unmittelbaren Nรคhe aufhรคlt.

Doch die Mitarbeiter boten ihr lediglich an, den Hund wรคhrend des Musicals in einem Nebenreaum unterzubringen. Sie lehnte ab und ging nicht in die Auffรผhrung.

Der Retriever riecht Krampfanfรคlle

Sie klagte vor dem Sozialgericht Mรผnchen. Dort argumentierte sie, dass ihr Hund mรถgliche Krampfanfรคlle, die durch Flackerlicht ausgelรถst werden kรถnnten, oder durch laute Musik, am Geruch mehrere Minuten vorher erkenne.

Er wรผrde sie dann durch Berรผhren und Kratzen mit der Pfote warnen. Bei vorherigen Theater- und Zirkusbesuchen habe sie den Hund deshalb stets mit sich gefรผhrt, und dieser habe nicht auf die damaligen Lichteffekte und die Lautstรคrke reagiert.

“Der Hund blockiert den Fluchtweg”

Die Verantwortlichen des Theaters hielten dementgegen, dass es bei ihnen nur im Balkonbereich Plรคtze fรผr Rollstรผhle gebe. Dort sei es aber nicht mรถglich, einen Hund zu platzieren. Vorne und seitlich sei kein Platz, und hinten wรผrde ein Hund den Fluchtweg blockieren.

Wenn das Theater evakuiert werden mรผsse, stelle ein an dieser Stelle liegender Hund eine Sturzgefahr fรผr Zuschauer dar.

“Benachteiligung ist sachlich gerechtfertigt”

Die Betroffene forderte 1.000 Euro Entschรคdigung wegen eines VerstoรŸes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Das Sozialgericht Mรผnchen folgte dem nicht.

Das Gericht entschied, dass keine unzulรคssige mittelbare Benachteiligung der Klรคgerin vorliege. Denn es sei sachlich gerechtfertigt gewesen, dem Assistenzhund den Einlass in den Besucherraum zu verwehren.

“Gefรคhrdung anderer Besucher”

Tatsรคchlich werde die Klรคgerin zwar in besonderer Weise gegenรผber anderen Zuschauern benachteiligt, wenn sie ihren Hund nicht mitfรผhren dรผrfe. Auch sei der Hund in ihrer unmittelbaren Nรคhe notwendig, um eine optimale medizinische Versorgung zu gewรคhrleisten.

Doch die Benachteiligung sei sachlich gerechtfertigt gewesen. Wesentlich sei, dass der Hund am Tag der Auffรผhrung in unmittelbarer Nรคhe des Rollstuhls eine Gefรคhrdung oder Behinderung anderer Besucher dargestellt hรคtte.