Die Rentenversicherung muss einen Rentenbescheid so fassen, dass die Betroffenen die Berechnung nachvollziehen können. Das Bundessozialgericht unterstützte damit Versicherte, die ihre Rentenbescheide für unzureichend hielten, und die Rentenkasse muss die Bescheide in solchen Fällen nacharbeiten. (B 5 R 21/21 R sowie B 5 R 22/21 R).
Inhaltsverzeichnis
Der Rentenbescheid
In dieser Entscheidung ging es um den Rentenbescheid. Diesen stellt die Rentenversicherung aus, nachdem sie die Angaben in einem Rentenantrag geprüft hat. Der Rentenbescheid legt die Rentenart fest und den Rentenbeginn, die Rentenhöhe und bei befristeten Renten auch die Rentendauer.
Was ist der Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung?
2018 vereinfachten die Rentenkassen die Rentenbescheide mit dem Ziel, die Dokumente verständlicher zu gestalten.
Zuvor hatte ein solcher Bescheid bis zu 150 Seiten Umfang gehabt. Seitdem ist er rund 30 Seiten kürzer. Der Basisbescheid umfasst nur noch zwölf Seiten statt zuvor 18 oder mehr, und Erläuterungen ersetzen die Anlagen.
Die Versicherungen strichen unter anderem die Darstellung komplizierter Berechnungen und fügten stattdessen den Hinweis hinzu, dass Betroffene die Kasse bei Unklarheiten befragen können.
Was war der Grund für die Klage?
Versicherte aus Brandenburg und Nordrhein-Westfalen klagten in zwei Fällen, nachdem sie aus ihrem Rentenbescheid nicht erkannten, wie die Kasse die Rente berechnete.
Sie legten Widerspruch bei der Rentenversicherung ein und diese schickte ihnen die Anlagen nach, mit denen sich die Renten berechnen ließen. Daraufhin zogen die Betroffenen ihre Widersprüche zurück.
Sie klagten vor den Instanzen der Sozialgerichte, weil sie den Standpunkt vertreten, dass die Kasse die Kosten des außergerichtlichen Widerspruchsverfahrens zu tragen hat. Ihre Begründung lautete, dass die Bescheide mangelhaft begründet waren – wegen der nicht nachvollziehbaren Berechnung. Darüber hatte letztlich das Bundessozialgericht zu entscheiden.
Landessozialgerichte geben den Klägern Recht
Beide Klagen waren erfolgreich, und zwar vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 18 R 306/20) und vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 33 R 506/20).
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen sah einen Begründungsmangel, wenn die Rentenkasse nur die Summe aller Entgeltpunkte mitteilt, ohne zu zeigen, wie diese zustande kommen. Dann sei die Berechnung für die Versicherten nicht nachvollziehbar.
Kein Verschlanken auf Kosten der Nachvollziehbarkeit
Den Text eines Bescheides dürfe die Rentenkasse nicht dadurch verschlanken, dass sie komplexe Regelungen weglasse, jedenfalls nicht, wenn dies auf Kosten der Nachvollziehbarkeit ginge.
Es sei nicht möglich, den Text eines Bescheides dadurch zu verschlanken, dass man komplexe, für den Laien kaum verständliche Regelungen auf Kosten der Nachvollziehbarkeit weglasse.
Die “Berechnung der Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten”, die “Berechnung der Entgeltpunkte aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten” sowie der “Versorgungsausgleich” seien wesentlich für die Begründung. Ohne diese auszuführen, sei die Berechnung der Rente für Versicherte nicht verständlich.
Der Versicherungsverlauf ist entscheidend
Das Bundessozialgericht unterfütterte dieses Argument des Landessozialgerichtes. Ihm zufolge gehöre gerade der Versicherungsverlauf wesentlich und tatsächlich zu einer Begründung im Rentenbescheid. Dies schließe auch beitragsfreie Zeiten ein sowie Zeiten der Erwerbsminderung.
Ein Hinweis auf zusätzliche Entgeltpunkte reicht nicht aus
Ein Hinweis, dass zusätzliche Entgeltpunkte ermittelt würden, reiche nicht aus, und die Rentenversicherung müsse in solchen Fällen nachbessern. Auch der Hinweis, dass Versicherte bei der Rentenkasse nachfragen könnten, sei nicht hinreichend, um die mangelhafte Begründung auszugleichen.
Die Klagen bleiben trotzdem erfolglos
Obwohl das Bundessozialgericht den Klägern inhaltlich zustimmte, dass die Rentenkasse ihre Begründung mangelhaft formulierte hatte, blieb die Klage erfolglos. Das Gericht erklärte, der Begründungsmangel sei nicht so gravierend, dass die Rentenkasse das Widerspruchsverfahren bezahlen müsste.
Was bedeutet das Urteil für Versicherte?
Die Hauptsache spielt eine enorme Rolle für alle Rentenberechtigten. Die Kasse muss im Rentenbescheid die nötigen Informationen liefern, damit Versichterte nachprüfen können, wie die Versicherung ihre Rente berechnet.
Diese Klärung des Bundessozialgerichts ist wichtig, denn es geht hier um das monatliche Geld, mit dem Menschen im Ruhestand bis zum Lebensende auskommen müssen.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.