Ein hessisches Gericht hat entschieden: Ein Witwer muss zu viel erhaltene Rentenleistungen in voller Höhe zurückzahlen. Die Ursache: Ein verschwiegenes Zusatzeinkommen in Form einer Verletztenrente. Das Verfahren zeigt, wie wichtig korrekte Angaben im Rentenantrag sind – und wo der Vertrauensschutz endet.
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Witwer muss Rentenbetrag erstatten
Das Hessische Landessozialgericht hat die Berufung eines Rentenempfängers abgewiesen. Dieser hatte über Jahre eine zu hohe Witwerrente bezogen, weil er bei Antragstellung eine laufende Verletztenrente nicht angegeben hatte. Die Deutsche Rentenversicherung forderte daraufhin 5.619,67 Euro zurück – rechtmäßig, wie das Gericht nun bestätigte. (Az: L 2 R 80/12)
Der Fall im Überblick: Ein Verschweigen mit Folgen
Der Kläger, ein 1942 geborener Witwer, beantragte 2001 eine Witwerrente nach dem Tod seiner Ehefrau. Im Formular R 660 gab er an, lediglich Arbeitslosengeld zu beziehen. Eine parallel laufende Verletztenrente aus einem Arbeitsunfall im Jahr 1975 erwähnte er nicht.
Diese Zusatzleistung wäre jedoch als anrechenbares Einkommen relevant gewesen – und hätte die Höhe seiner Witwerrente verringert. Der Rentenversicherungsträger bewilligte deshalb fälschlich eine zu hohe Leistung.
Datenabgleich bringt Fehler ans Licht
Erst im August 2007 wurde der Fehler durch einen automatisierten Datenabgleich mit der Berufsgenossenschaft aufgedeckt. Diese zahlte dem Kläger seit Juli 1999 eine Verletztenrente aufgrund einer dauerhaften Erwerbsminderung von 20 Prozent.
Nach eigenen Recherchen berechnete die Rentenversicherung die Witwerrente neu – rückwirkend ab September 2001 – und forderte die zu viel gezahlten 5.619,67 Euro zurück.
Argumente des Klägers: Beratung, Unwissen, Vertrauensschutz
Der Betroffene widersprach der Rückforderung. Er argumentierte, die Rentenversicherung sei über seine Verletztenrente informiert gewesen – angeblich habe er dies bei einem Beratungsgespräch 2002 erwähnt. Zudem sei er davon ausgegangen, alle relevanten Angaben gemacht zu haben. Eine Rückforderung verletze daher sein Vertrauen auf die Richtigkeit der Bescheide.
Er erhob schließlich Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt, das seine Argumente jedoch nicht überzeugte. Auch in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht blieb seine Berufung ohne Erfolg.
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Gericht: Grobe Fahrlässigkeit liegt vor
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X). Demnach darf ein begünstigender Verwaltungsakt – wie die Rentenbewilligung – auch nachträglich aufgehoben werden, wenn er auf grob fahrlässig falschen Angaben beruht.
Im konkreten Fall hätten sowohl der Rentenantrag als auch die darauffolgenden Bescheide den Kläger klar darauf hingewiesen, dass er sämtliche Einkünfte – darunter explizit auch Verletztenrenten – angeben muss. Diese Pflicht habe er verletzt.
Die Richter betonten, dass grobe Fahrlässigkeit bereits dann vorliege, wenn selbst einfache, offensichtliche Überlegungen unterlassen werden. Hier hätte der Kläger erkennen müssen, dass seine Verletztenrente für die Berechnung der Witwerrente relevant ist.
Kein Mitverschulden der Behörde erkennbar
Auch der Einwand, die Rentenversicherung hätte den Fehler selbst bemerken müssen, überzeugte das Gericht nicht. Es sei nicht Aufgabe der Verwaltung, Informationen aus verschiedenen Anträgen automatisch zusammenzuführen oder auf Relevanz in anderen Verfahren zu prüfen. Eine Pflichtverletzung der Behörde sei nicht erkennbar.
Zudem konnte der Kläger nicht nachweisen, dass bei dem besagten Beratungsgespräch tatsächlich Mitarbeitende der Rentenversicherung anwesend waren. Vielmehr handelte es sich laut Aktenlage um eine unternehmensinterne Beratung zur Betriebsrente, nicht zur Witwerrente.
Vertrauensschutz greift nicht bei groben Fehlern
Der Vertrauensschutz, auf den sich der Kläger berief, greift laut Gericht in diesem Fall nicht. Wer bei der Antragstellung falsche oder unvollständige Angaben macht – sei es absichtlich oder aus grober Unachtsamkeit –, kann sich nicht darauf berufen, dass die einmal bewilligte Leistung dauerhaft Bestand haben müsse.
Auch eine unbillige Härte, die eine Rückforderung ausnahmsweise hätte verhindern können, wurde nicht glaubhaft gemacht oder belegt.
Rückforderung nach geltendem Recht zulässig
Am Ende war für das Gericht entscheidend, dass alle Voraussetzungen für eine Rücknahme des Rentenbescheids nach § 45 SGB X vorlagen. Der Kläger hatte nicht nur seine Mitteilungspflicht verletzt, sondern dabei die gebotene Sorgfalt „in besonders schwerem Maße“ außer Acht gelassen. Die Forderung der Rentenversicherung war somit rechtens.
Die Rückforderung von 5.619,67 Euro stützt sich auf § 50 SGB X, der regelt, dass zu Unrecht gezahlte Leistungen zurückzuerstatten sind. Zweifel an der Berechnung des Betrags bestanden keine.