Rente wegen Schulden nicht voll ausgezahlt – Anrechnung als Einkommen beim Bürgergeld?

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Das Sozialgericht Berlin entschied in einem aktuellen Urteil (AZ: S 27 8892/20) darüber, ob eine Rente, die wegen Privatinsolvenz nicht voll ausgezahlt wird, beim Bürgergeld als Einkommen angerechnet werden darf.

Worum ging es?

Der Kläger lebte zusammen mit einer Rentnerin in einer Bedarfsgemeinschaft. Er bezog neben Arbeitslosengeld für einen Zwischenzeitraum noch ein Einkommen von 1.500 Euro und Kindergeld. Die Rentnerin bekam eine Altersrente sowie eine Betriebsrente.

Wegen einer Privatinsolvenz behielt der Insolvenzverwalter jedoch einen Großteil der Betriebsrente ein, außerdem wurden vom übrigen Betrag Versicherungen und Gewerkschaftsbeiträge bezahlt.

Der Kläger beantragte für sich und sein Kind Sicherungen, um den Lebensunterhalt zu sichern. Das Jobcenter lehnte dies mit der Begründung ab, das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft sichere den Lebensunterhalt.

Jobcenter bewertet gesamte Rente als Einkommen

Auch die Rente der Lebensgefährtin in der Bedarfsgemeinschaft wertete das Jobcenter in voller Höhe als Einkommen und ebenso das Kindergeld, da das Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebte. Einen Widerspruch des Klägers lehnte die Behörde ab, da dieser nicht hilfebedürftig sei.

„Nur tatsächliches Renteneinkommen zählt“

Der Rechtsschutz des DGB argumentierte dagegen: Nur der reale Rentenbezug, der tatsächlich zur Verfügung stehe, dürfe als Einkommen berücksichtigt werden – nicht aber die volle Betriebsrente mit samt dem von der Insolvenzverwaltung abgezogenen Geld.

Sozialgericht entscheidet gegen Jobcenter

Diese Auffassung teilte das Sozialgericht Berlin. Es erklärte den Kläger in dem Zeitraum, um den es ging, für hilfebedürftig. Er hätte seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der weiteren Personen der Bedarfsgemeinschaft nicht ausreichend aus eigenen Mitteln decken können.

Nach eigenen Berechnungen kam das Gericht zu einem berücksichtigenden Bedarf des Klägers von rund 1.100 Euro, das nicht durch anzurechnendes Einkommen gedeckt war.

Zwar dürfe das Jobcenter, laut Sozialgericht, grundsätzlich auch das Einkommen der Rentnerin berücksichtigen, da sie mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebe. Bei dieser seien aber nur die Rentenbezüge ohne den von der Renteninsolvenz eingezogenen Betrag zu berücksichtigen. Nur das, was der Rentnerin wirklich ausgezahlt worden sei, dürfe angerechnet werden.

Das Günstigkeitsprinzip gilt

Außerdem hätten generell bei der Anrechnung von Renten als Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft beim Bürgergeld (SGB II) die Maßstäbe der Sozialhilfe (SGB XII) Gültigkeit. Das Existenzminimum müsse also erhalten bleiben. Nach diesem Günstigkeitsprinzip des SGB XII seien Gewerkschaftsbeiträge ebenso wie eine Sterbegeldversicherung der Rentnerin als Freibeträge zu werten.

Tatsächlicher Rentenbetrag und höherer Freibetrag

Der Kläger bekam doppelt Recht. Das Jobcenter darf erstens nur den tatsächlichen Rentenbetrag der Rentnerin der Bedarfsgemeinschaft anrechnen, und zweitens musste ein höherer Freibetrag berücksichtigt werden.

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