BSG: Kosten für Erfüllung der Rehabilitations-Aufgabe erforderlich
Werkstätten für behinderte Menschen haben Anspruch auf Refinanzierung ihrer Unfallversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten. Denn die Aufwendungen dienen nicht in erster Linie der Erzielung wirtschaftlicher Arbeitsergebnisse, sondern der Erfüllung der Rehabilitations-Aufgabe für behinderte Menschen, urteilte am 29. Mai 2019 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 8 SO 3/18 R und B 8 SO 1/18 R).
Konkret ging es um das Diakonie-Hilfswerk Schleswig-Holstein und das Lebenshilfswerk Kreis Herzogtum Lauenburg, die Träger von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) sind. Allein beim Diakonie-Hilfswerk sind 585 Behinderte beschäftigt. Die Rehabilitationskosten erhält die WfbM vom Sozialhilfeträger erstattet.
2015 konnten sich die Werkstätten-Betreiber nicht auf eine neue Vergütung einigen. Sie verlangten, dass die Sozialhilfe auch die Unfallversicherungsbeiträge an die Berufsgenossenschaft refinanzieren muss. Für das Diakonie-Hilfswerk ging es um 21.495 Euro, für das Lebenshilfswerk um 28.191 Euro.
Der Sozialhilfeträger meinte, dass die Unfallversicherungsbeiträge nicht zur Rehabilitation zählten. Die Werkstätten müssten die Kosten vielmehr aus ihrem erwirtschafteten Gewinn bezahlen. Denn nach dem Gesetz müsse die Sozialhilfe nicht für die Kosten der wirtschaftlichen Betätigung aufkommen. Bei den von der Werkstatt zu zahlenden Unfallversicherungsbeiträgen werde auch nicht zwischen den behinderten Beschäftigten und den regulären, nicht behinderten Arbeitnehmern getrennt. Auch die angerufene Schiedsstelle erteilte den Werkstatt-Betreibern eine Abfuhr.
Die Werkstätten verwiesen darauf, dass ohne eine Refinanzierung der Beiträge dies zulasten der behinderten Beschäftigten gehe. Denn mindestens 70 Prozent vom wirtschaftlichen Gewinn würden an die behinderten Beschäftigten ausgeschüttet. Verringere sich der Gewinn um die Unfallversicherungsbeiträge, würde der Grundlohn von 80 Euro monatlich für einen Beschäftigten um etwa vier Euro monatlich geringer ausfallen.
Das BSG gab den Werkstatt-Trägern recht. Bei den Unfallversicherungsbeiträgen handele es sich um Kosten, die für die Erfüllung der Rehabilitations-Aufgabe erforderlich sind. Die Einrichtungen hätten daher Anspruch auf Refinanzierung dieser Beiträge. Nur weil mit der Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt auch wirtschaftliche Arbeitsergebnisse angestrebt werden, bedeute dies nicht, dass der Reha-Gedanke dabei zurücktrete. fle/mwo
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