Widerspruch gegen einen Bescheid und Antrag auf Anordnung beziehungsweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
Schätzungen gehen davon aus, dass rund 50 Prozent der Hartz IV Bescheide zum Nachteil des Leistungsbrechtigten rechtswidrig sind. Es lohnt sich daher, den Bescheid genauer unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls einen Widerspruch zu stellen. Vor allem dann, wenn Leistungen abgelehnt wurden.
Rechtsmittel gegen einen Hartz IV Bescheid ist der Widerspruch
Das richtige Rechtsmittel gegen einen Hartz IV Bescheid ist der Widerspruch. Hiermit machen Sie deutlich, dass Sie mit der getroffenen Entscheidung nicht einverstanden sind. Es muss aber bereits eine Entscheidung vorliegen. Widersprüche gegen einfache Schreiben oder Anhörungen sind daher unzulässig. Trotzdem: Lieber einmal mehr als einmal zu wenig verdeutlichen, dass Sie anderer Meinung sind als die Behörde.
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Ein Widerspruch und ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung werden bei der Behörde eingereicht. Welche Behörde dies ist, ergibt sich stets aus der Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheides. Jede Person muss dabei im Streitfall für sich selbst Widerspruch einlegen. Das heißt, bei der Bedarfsgemeinschaft muss jede/r einzelne Betroffene tätig werden. Das Gleiche gilt auch in den späteren Verfahren vor den Sozialgerichten. Man darf sich hierbei aber gegenseitig bevoll- mächtigen.
Die Die Vorschriften für Rechtsbehelfe im Sozialrecht finden sich in §§ 78 ff. SGG. Besonders wichtig ist dabei § 84 Abs.1 SGG. Hier ist die Widerspruchsfrist geregelt. Danach muss der Widerspruch binnen eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Schriftlich bedeutet im Gesetz, dass etwa eine einfache Mail – ohne qualifi- zierte elektronische Signatur – nicht ausreichend ist. Ein Fax hingegen genügt.
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Am besten ist es, den Widerspruch am Computer oder auch handschriftlich zu schreiben, mit der Überschrift »Widerspruch« zu versehen und eigenhändig zu unterschreiben, bevor man ihn dann faxt oder persönlich abgibt und eine Eingangsbestätigung (auf deren Erteilung aber kein Rechtsanspruch besteht) verlangt. Nicht zu empfehlen ist das postalische Absenden (auch nicht per Einschreiben), weil der Beweis fehlt, was da versandt wurde.
Nicht vergessen: Fertigen Sie zu Beweiszwecken für sich selbst eine Kopie an. Beim Fax hat man die Kopie automatisch – und zugleich bereits die Eingangsbestätigung. Außerdem ist es billiger. Gegen ein geringes Entgelt ist Faxen oft in Internet-Cafes oder Copy-Shops möglich.
Es muss in dem Schreiben nicht erwähnt werden, warum man Widerspruch einlegt. Durch eine Begründung kann allerdings
eine möglichst sachgerechte Bearbeitung erreicht werden. Diese Begründung kann aber auch später nachgereicht werden – zur Fristwahrung genügt das Wort »Widerspruch« und die genaue Bezeichnung der Entscheidung, gegen die man sich wendet (also Datum und Betreff). Für die Begründung kann man sich z.B. bei einer Beratungsstelle Unterstützung holen.
Widerspruch gegen belastende Verwaltungsentscheidungen
Ein Widerspruch gegen belastende Verwaltungsentscheidungen hat gemäß § 86 Abs.1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt bis zur endgültigen Entscheidung nicht vollzogen werden darf.
Für das ALG II regelt § 39 Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II) allerdings, dass in vielen Fällen keine aufschiebende Wirkung eintritt. Das betrifft u. a. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Verwaltungsentscheidung, die ALG-II-Leistungen aufhebt, zurücknimmt oder widerruft, die Pflichtverletzung und die Minde- rung des ALG-II-Anspruchs feststellt oder Eingliederungsleistungen oder Pflichten bei der Eingliederung in Arbeit regelt. Zudem hat weder der Widerspruch gegen die Aufforderung, eine andere, vorrangige Leistung zu beantragen noch die Aufforderung, sich persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden (§ 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III) aufschiebende Wirkung.
In einem solchen Fall wird der Verwaltungsakt also bereits gegen Sie vollzogen, obwohl die Widerspruchsfrist noch läuft oder Sie sogar bereits einen Widerspruch eingereicht haben. Wenn man also verhindern möchte, dass die Behörde den Bescheid bereits umsetzt, muss hier entweder bei der Behörde (nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 86a Abs. 4 Nr. 4 SGG) oder direkt beim zuständigen Gericht (nach § 86b Abs.1 Nr. 2 SGG) ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden.
Die Behörde kann auch von sich aus (nach § 86a Abs. 3 Satz1 SGG i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG) die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen.
Für belastende Verwaltungsakte, die in § 39 SGB II nicht aufgezählt sind, verbleibt es bei der aufschiebenden Wirkung. Dies gilt insbesondere für Widersprüche gegen vorläufige Zahlungseinstel- lungen (§40 Abs.1Nr.2 SGBII i.V.m.§331 SGBIII), Widersprüche gegen eine Aufrechnung und Widersprüche gegen die Rückforde- rung zu Unrecht erbrachter Leistungen. Die Behörde hat aber in einem solchen Fall die Möglichkeit, nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten anzuordnen.
Wenn Sie in diesen Fällen verhindern wollen, dass die Behörde den Bescheid gegen Sie doch vollzieht, obwohl die Widerspruchs- frist noch läuft, müssen Sie hier beim zuständigen Sozialgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs.1 Satz1 Nr. 2 SGG stellen.
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG
Wer unverschuldet die Widerspruchsfrist nicht eingehalten hat, kann einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG stellen. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, nach § 44 SGB X einen Überprüfungsantrag zu stellen. Dieser veranlasst eine Prüfung des Bescheides wie in einem Wider- spruchsverfahren und führt zu einem neuen Bescheid, gegen den daraufhin wieder fristgemäßer Widerspruch eingelegt werden kann.
Als Ergebnis des Widerspruchsverfahrens wird ein »Wider- spruchsbescheid« erlassen. Für das Widerspruchsverfahren werden nach § 64 Abs.1 SGB X keine Gebühren und Auslagen erhoben. Ein Hartz IV Bescheid kann auch hier ONLINE und kostenfrei geprüft werden.
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