Auch das Wohngeld ist an die Aufnahme an einer “zumutbaren Beschäftigung” geknüpft, wie das Verwaltungsgericht in Berlin urteilte. Wer sich nicht um einen Arbeitsplatz nachweislich bemüht, dem kann das Wohngeld gestrichen werden.
Unterlässt ein erwerbsfähiger Antragsteller ernsthafte Bewerbungsbemühungen, ist der Wunsch nach Wohngeld als unangemessen und sozialwidrig anzusehen, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem Urteil (Az.: VG 21 K 170/20).
Wann besteht ein Anspruch auf Wohngeld?
Wohngeld dient dazu, einkommensschwache Haushalten bei der Miete ihrer Wohnung zu helfen. Es handelt sich dabei nicht um eine bedingungslose Leistung, sondern um eine Sozialleistung, die an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass ein Wohngeldanspruch dann nicht besteht, wenn der Antragsteller die Aufnahme einer ihm zumutbaren Arbeit unterlässt, die zu einer Einkommenssteigerung führen könnte.
Der Hintergrund des verhandelten Falls
Im konkreten Fall handelt es sich um einen 1959 geborenen Kläger, der über eine solide Ausbildung und Berufserfahrung verfügt. Nach einem erfolgreichen Informatikstudium arbeitete er zunächst als System-Programmierer und EDV-Dozent. Ab 2004 war er freiberuflich als Programmierer tätig, bevor er bis 2014 als Nachhilfelehrer für Mathematik und Englisch arbeitete. Der Kläger wohnt alleine in einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von mindestens 90 Quadratmetern und vier Zimmern.
Sein Antrag auf Wohngeld wurde von der zuständigen Behörde, dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, abgelehnt. Die Begründung lautete, dass die Inanspruchnahme der Leistung missbräuchlich sei. Dies führte zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, in der das Verwaltungsgericht Berlin schließlich zugunsten der Behörde entschied.
Warum lehnte das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag ab?
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass dem Kläger kein Wohngeld zusteht, da ein gesetzlicher Ausschlussgrund wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme vorliegt. Der Gesetzgeber sieht Wohngeld nur dann als gerechtfertigt an, wenn der Antragsteller den Wohnbedarf nicht selbst decken kann und auch keine Unterstützung von unterhaltspflichtigen Angehörigen erhält. Das bedeutet, dass Antragsteller dazu verpflichtet sind, ihre finanziellen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor sie staatliche Hilfe in Anspruch nehmen.
In diesem Fall stellte das Gericht fest, dass der Kläger seine finanziellen Verhältnisse so hätte gestalten können, dass er den Wohnbedarf aus eigenen Mitteln decken könnte. Er habe dies jedoch unterlassen, weshalb die Gewährung von Wohngeld abzulehnen sei.
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Welche Pflichten hat ein Wohngeldantragsteller?
Ein Wohngeldantragsteller hat somit die Pflicht, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um seine Einkommenssituation zu verbessern. Dazu zählt auch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, wenn diese objektiv möglich und zumutbar ist.
Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass der Kläger in einem Alter ist, in dem eine Berufstätigkeit – auch im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung – ohne weiteres möglich und zumutbar wäre. Der Kläger konnte keine ernsthaften Bemühungen zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung nachweisen. Die vorgelegten Bewerbungen wurden als unzureichend eingestuft und eine geeignete Jobchance, die sich für ihn ergeben hätte, lehnte er ohne ausreichende Begründung ab.
Ein entscheidener Punkt in der Entscheidung war, dass der Kläger seine Arbeitsbereitschaft nicht hinreichend belegt hat. Die vom Kläger vorgelegten Bewerbungen wurden als “nichtssagend” bewertet, da sie keinen ernsthaften Versuch darstellten, eine Arbeit aufzunehmen.
Ein Angebot für die Stelle eines Junior Software Testers, das seinem beruflichen Profil entsprach und von einem Arbeitgeber in Niedersachsen ausgeschrieben war, lehnte er ab. Seine Begründung dafür war der auswärtige Standort der Arbeitsstelle. Das Gericht kritisierte, dass er dabei nicht einmal die Möglichkeit geprüft habe, ob die Stelle in Berlin ausgeübt werden könnte.
Missbrauch von Wohngeld?
Ein Missbrauch von Wohngeld liegt vor, wenn der Antragsteller sich objektiv in der Lage befindet, seine finanzielle Situation eigenständig zu verbessern, es jedoch unterlässt, diese Möglichkeit zu nutzen.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht im Verhalten des Klägers eine sozialwidrige Haltung, die der sparsamen und effektiven Verwendung staatlicher Mittel widerspricht. Der Gesetzgeber erwartet, dass staatliche Leistungen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Antragsteller trotz zumutbarer Bemühungen seinen Bedarf nicht decken kann.
Welche Bedeutung hat das Urteil für zukünftige Fälle?
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin setzt ein klares Zeichen dafür, dass Wohngeld nicht als Ersatz für eine eigenverantwortliche Sicherung des Lebensunterhalts angesehen werden darf.
Antragsteller, die theoretisch in der Lage sind, durch eine angemessene Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen diese Möglichkeit ergreifen. Die Gerichtsentscheidung betont, dass staatliche Unterstützungen gezielt und nur dort eingesetzt werden sollen, wo sie tatsächlich erforderlich sind.
Für zukünftige Antragsteller bedeutet dies, dass sie nicht nur ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, sondern auch, dass sie aktiv und ernsthaft versuchen, ihre finanzielle Situation zu verbessern. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass ihr Antrag wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme abgelehnt wird.
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