Sozialgericht Osnabrรผck: Asylbewerber hat Mitwirkungspflicht
Hilft ein abgelehnter Asylbewerber bei seiner Passbeschaffung nicht mit, kรถnnen ihm die Asylbewerberleistungen gekรผrzt werden. Der Gesetzgeber kรถnne die Gewรคhrung des menschenwรผrdigen Existenzminimums in Teilen auch von der Erfรผllung der Mitwirkungspflichten des Auslรคnders abhรคngig machen, entschied das Sozialgericht Osnabrรผck in einem am Donnerstag, 22. August 2019, bekanntgegebenen Urteil (Az.: S 44 AY 14/17).
Im konkreten Fall hatte der aus der Elfenbeinkรผste stammende Klรคger sein Heimatland โaus Armut” verlassen und war im November 2015 in Deutschland eingereist. Er gab an, dass sรคmtliche Identitรคtspapiere bei seiner Flucht in Niger verloren gegangen seien.
Nachdem sein Asylantrag abgelehnt worden war, konnte er wegen fehlender Passpapiere nicht abgeschoben werden. Der zustรคndige Landkreis forderte ihn mehrfach auf, sich neue Passdokumente zu besorgen. Doch dem kam der Klรคger nicht nach.
Daraufhin kรผrzte der Landkreis dem Asylbewerber wegen der Verletzung seiner Mitwirkungspflichten im Monat August 2017 die Asylbewerberleistungen um 169 Euro. Dem Flรผchtling verblieben so nur noch 185 Euro.
Diese im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehene Kรผrzungsmรถglichkeit ist nicht zu beanstanden und verfassungsgemรคร, so das Sozialgericht Osnabrรผck in seinem Urteil vom 11. Juni 2019. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung das Grundrecht auf Gewรคhrleistung eines menschenwรผrdigen Existenzminimums mehrfach betont. Dieses Grundrecht gelte aber nicht absolut. Der Gesetzgeber dรผrfe die Gewรคhrung des menschenwรผrdigen Existenzminimums in Teilen auch von der Erfรผllung der Mitwirkungspflichten abhรคngig machen.
Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Leistungsempfรคngern kรถnne bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht durchaus angenommen werden, dass ein Bedarf fรผr soziale Beziehungen nicht mehr anzuerkennen ist. Schlieรlich werde eine Integration in die hiesige Gesellschaft in diesen Fรคllen vor dem Hintergrund der auslรคnderrechtlichen Vorgaben nicht mehr angestrebt.
Verfassungsrechtlich problematisch sei es allenfalls, wenn mit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Kรผrzung auch das physische Existenzminimum nicht mehr gesichert werde. Da aber auch Hรคrtefรคlle mรถglich sind, kรถnne dies im Einzelfall aber abgewendet werden.
Wegen grundsรคtzlicher Bedeutung lieร das Sozialgericht die Berufung zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu. fle/mwo