Erhalten Frauen bei häufig befristeten Engagements wegen ihrer Schwangerschaft keine neue Beschäftigung mehr, darf die Zeit ohne neuen Job nicht zu einer Minderung des Elterngeldes führen. Kann die Frau schwangerschaftsbedingt aus Arbeitsschutzgründen nicht weiter arbeiten, muss das Elterngeld dann nach den Einkünften der letzten zwölf Arbeitsmonate berechnet werden, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 14. Februar 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 2 EG 4/20).
Kein Elterngeldnachteil wegen Kettenbefristungen
Nach den gesetzlichen Regelungen wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Geburt des Kindes beziehungsweise vor Beginn des Mutterschutzes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens gezahlt. Die Elterngeldhöhe ist auf höchstens 1.800 Euro monatlich begrenzt. Das Mindestelterngeld beträgt monatlich 300 Euro.
Im konkreten Fall hielt eine Kameraassistentin aus dem Landkreis Harburg die Höhe ihres Elterngeldes für fehlerhaft. Da die Frau in den letzten fünf Monaten vor Geburt ihres Kindes keinerlei Einkommen erzielte, wurde diese Zeit bei der Berechnung des Elterngeldes mit Null Euro zugrundegelegt. Damit verringerte sich ihr Elterngeldanspruch. Nach dem Gesetz könnten nur Einkommensausfälle wegen Krankheit ausgeklammert werden, meinte der Landkreis
Fortlaufend neue befristete Projekte und Arbeitsverträge
Die Klägerin argumentierte, dass ihr Job als Kameraassistentin mit ständigen Kettenbefristungen ihrer Arbeitsverträge verbunden sei. Für jedes Projekt gebe es einen befristeten Arbeitsvertrag. Dabei sei sie beim Aufbau der Kameras nicht nur Tragebelastungen ausgesetzt, sie müsse Nachtarbeit leisten und bis zu 13 Stunden täglich arbeiten.
Wegen der körperlichen Belastungen während der Schwangerschaft habe sie aus Arbeitsschutzgründen nicht mehr arbeiten dürfen. Befristete Arbeitsverträge habe sie somit auch nicht mehr in den letzten fünf Monaten vor ihrer Geburt erhalten.
Der Gesetzgeber habe beim Elterngeld aber gewollt, dass das Elterngeld auf Grundlage der letzten zwölf Arbeitsmonate berechnet wird. Nach der Rechnung des Landkreises würde sie aber nur 7/12 des eigentlichen Betrages erhalten.
LSG Celle: Gesetzeslücke bei schwangerschaftsbedingtem Jobverbot
Das LSG gab der Klägerin recht. Die Berechnung des Elterngeldes müsse auf die letzten zwölf Arbeitsmonate abgestellt werden. Es liege hier eine Gesetzeslücke vor. Wegen des „verfassungsrechtlichen Schutzauftrags werdender Mütter” sei eine Gesetzesauslegung erforderlich. Der Gesetzgeber habe den Fall von abhängigen Kettenbeschäftigungen übersehen, in welchem eine neue Beschäftigung aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht mehr in Betracht komme.
Das „besondere gesundheitliche Risiko” Schwangerer dürfe ihnen bei der Berechnung des Elterngeldes aber nicht zum Nachteil gereichen, urteilte das LSG. Die fünf Monate vor der Geburt des Kindes, in denen die Klägerin schwangerschaftsbedingt keine neue befristete Beschäftigung nachgehen durfte, seien bei der Elterngeldberechnung daher nicht zu berücksichtigen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zugelassen. fle
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