Mehrarbeit muss noch keinen Überstundenzuschlag begründen

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LAG Nürnberg widerspricht BAG bei Teilzeit an kommunalen Kliniken

Teilzeitbeschäftigte eines kommunalen Krankenhauses können einen Überstundenzuschlag erst für Überstunden erhalten, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen. Liegt die Arbeitszeit darunter, leistet der Teilzeitbeschäftigte lediglich zuschlagsfreie „Mehrarbeit”, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 13. Juni 2019 (Az.: 3 Sa 348/18). Mit ihrer Auslegung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst – Krankenhäuser (TVöD-K) stellten sich die Nürnberger Richter teilweise gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG); deshalb ließen sie die Revision zu.

Im konkreten Fall hatte die Klägerin, eine mit 24 Wochenstunden in Teilzeit beschäftigte Pflegekraft eines kommunalen Krankenhauses, von Januar bis Juli 2017 insgesamt 103 Stunden mehr gearbeitet, als laut Arbeitsvertrag vorgesehen war. Sie verlangte mit Verweis auf die tariflichen Regelungen einen Überstundenzuschlag von zuletzt insgesamt 560 Euro. Auf diese Weise solle der erlittene Freizeitverlust ausgeglichen werden.

Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Überstunden lägen erst vor, wenn Beschäftigte die regelmäßige Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschreiten. Hier habe die Klägerin zwar mehr gearbeitet als im Arbeitsvertrag festgelegt war, jedoch immer noch weniger als ein Vollzeitbeschäftigter. Damit liege lediglich eine „Mehrarbeit” vor, für die der TVöD-K keine Überstunden-Zuschläge vorsehe.

Nach den tariflichen Regelungen stelle der Zuschlag keinen Ausgleich für Eingriffe in den individuellen Freizeitbereich des Beschäftigten dar. Vielmehr sollen nur die besonderen Belastungen bei Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten ausgeglichen werden, argumentierte das Krankenhaus.

Dem folgte nun auch das LAG. Es widersprach damit teilweise der Auffassung des BAG in einem Urteil vom 23. März 2017 (Az.: 6 AZR 161/16; JurAgentur-Meldung vom 11. Juli 2017). Die Erfurter Richter hatten den TVöD-K dahin ausgelegt, dass teilzeitbeschäftigte Gesundheits- und Krankenpfleger für im Schichtplan vorgesehene Mehrarbeit keinen Zuschlag beanspruchen können, wohl aber für ungeplante Überstunden.

Überstundenzuschläge müssten auch Teilzeitbeschäftigten zustehen, so das BAG. Dass „Überstunden” erst bei Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten anfallen sollten, wäre eine gleichheitswidrige Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.

Doch das LAG Nürnberg verwies nun darauf, dass nach der Intention des Tarifvertrages Überstundenzuschläge nicht den individuellen Freizeitbereich schützen sollen, sondern vielmehr die besondere Arbeitsbelastung bei Überstunden, die über der regulären Vollzeitarbeitszeit geleistet werden, ausgleichen soll. Denn erst bei einer Arbeitszeit über der regulären Vollzeitarbeitszeit hinaus gebe es eine besondere Arbeitsbelastung, die nach den tariflichen Regelungen verteuert werden sollte.

Diese Auslegung des Tarifvertrages werde auch dadurch gestützt, dass in den tariflichen Bestimmungen die Begriffe „Mehrarbeit” und „Überstunden” nicht gleich verwendet werden. So setzen „Überstunden” ausdrücklich das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten für die festgesetzten Arbeitsstunden voraus. Teilzeitbeschäftigte würden „Mehrarbeit” leisten, wenn die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit bis zur regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten überschritten werde. Eine unzulässige Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten liege nicht vor, weil für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden für Teilzeit – und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet werde. fle/mwo

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