Ein Kündigungsschutzverfahren führt oft zu einem zweiten Verfahren, in dem es darum geht, wieviel Entgelt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber für die Zeit nach der Kündigung verlangen kann. Dieses Annahmeverzugsentgelt gilt, wenn das Gericht bestätigt hat, dass eine Kündigung unwirksam ist.
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Häufig geht es nicht um Rückkehr an den Arbeitsplatz
In Kündigungsschutzverfahren geht es häufig garnicht darum, ob die Kündigung unwirksam ist und der Arbeitnehmer an den alten Arbeitsplatz zurückkehren kann. Der Arbeitgeber hat in aller Regel die Kündigung ausgesprochen, weil er den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen will.
Welchen Sinn haben dann Kündigungsschutzverfahren, in denen Betroffene und Arbeitgeber beide kein Wiederherstellen des Arbeitsverhältnisses wollen? Kurz und knapp: Es geht um Geld und immer wieder auch um Reputation.
Lebenslauf, Reputation und Geld
Gerade eine verhaltensbedingte Kündigung macht sich schlecht im Lebenslauf, und wenn sie unwirksam ist, ist dieser schwarze Fleck ausradiert. In einigen Fällen möchte der Arbeitnehmer aber auch schlicht seine Würde retten und falsche Behauptungen über seine Person gerade rücken.
Das Motiv solcher Verfahren ist jedoch in der Mehrzahl Geld, sei es die Höhe einer Abfindung oder die Lohnfortzahlung, die bei einer unwirksamen Kündigung geleistet werden muss.
Böswillig unterlassener Verdienst
Im Annahmeverzug besteht grundsätzlich Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, auch wenn der Betroffene keine Arbeitsleistung erbringt. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall aber nicht immer ein Verzugsentgelt zahlen.
Denn laut dem Paragrafen 11 Nummer 2 des Kündigungsschutzgesetzes muss sich der Beschäftigte das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine zumutbare Arbeit anzunehmen.
Eine solche böswillige Unterlassung liegt vor, wenn der Betroffene eine alternative Möglichkeit der Erwerbsbeschäftigung kannte und sie nicht wahrnahm oder vom Arbeitgeber auf eine solche hingewiesen wurde.
Die Rechtslage ist unklar
Gerichte haben unterschiedlich darüber entschieden, wann diese Situation gegeben ist. Wie sieht es zum Beispiel aus, wenn der Arbeitgeber erst nachträglich Stellenangebote benennt, die nach der (unwirksamen) Kündigung auf dem Internetportal der Agentur für Arbeit standen?
Wäre der Arbeitnehmer jetzt verpflichtet gewesen, sich auf diese zu bewerben, damit ihm keine böswillige Unterlassung vorgeworfen werden kann? Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschied klar. Nein, in diesem Fall liegt kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes vor. (4 Sa 10/24).
Keine Böswilligkeit bei voraussichtlich erfolgloser Bewerbung
Doch kurz zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht in dieser Frage anders entschieden (5 AZR 177/23). Diesen Richtern zufolge muss sich nämlich der Arbeitnehmer böswillig unterlassenen Verdienst anrechnen lassen, wenn er sich nicht auf eine nachträglich vom Arbeitgeber benannte Stelle beworben hatte.
Allerdings gelte dies nur, wenn er nicht darlegen und beweisen könne, dass eine Bewerbung auf die nachtäglich benannte Stelle erfolglos geblieben wäre. Das Bundesarbeitsgericht erklärte, der Beschäftigte hätte nämlich durch sein Verhalten verhindert, von diesen möglichen Stellen zu erfahren.
Es bleibt unklar
Es bleibt also nach wie vor unklar und hängt vermutlich auch von der Situation ab, ob die Nichtaufnahme einer anderweitigen Erwerbsbeschäftigung juristisch als böswilliges Unterlassen bewertet wird. Mutmaßlich sind die Anhaltspunkte dafür stärker, wenn Sie in Ihrem Bereich und Ihrer Qualifikation eine Reihe Jobangebote hätten und sich auf diese nicht bewerben als wenn es für Ihre bisherigen Tätigkeiten kaum Stellen gibt.
Was können Sie tun?
Sie sollten sich also nicht darauf verlassen, dass der Arbeitgeber Ihnen bei einer unwirksamen Kündigung den Lohn weiterzahlen muss. Die Vermutung, dass Sie durch böswilliges Unterlassen keine alternative Beschäftigung gefunden haben, können Sie entkräften, indem Sie während des laufenden Verfahrens zumindest einige Bewerbungen schreiben. Sie können außerdem selbst ein Stellengesuch aufgeben. Das zeugt dann von noch mehr Eigeninitiative.
Damit können Sie dann notfalls vor Gericht Belege erbringen, dass Sie sich um einen zumutbare Arbeit gekümmert haben.