Krankengeld folgt jetzt aktuellem Lohnniveau – auch im Härtefall

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Krankengeld wird nach dem Einkommen veranschlagt, das im letzten Abrechnungszeitraum vor der Leistung bezogen wurde. Das gilt auch, wenn Betroffene zuvor ein höheres Einkommen erhielten, und es gilt auch im Härtefall. So urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 11 KR 2575/15).

Erst Job, dann Krankengeld, dann Leistung zur Teilhabe

Die Betroffene hatte als gelernte Sicherheitskraft versicherungspflichtig gearbeitet. Ihr letztes Gehalt betrug 2.560,54 Euro brutto (1.612,52 Euro netto). Sie bezog ein Jahr Krankengeld, und nahm dann knapp vierzehn Monate an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben teil, die die Rentenversicherung finanzierte.

Neue Stelle, weniger Gehalt und wieder Krankengeld

Danach war sie knapp gut eineinhalb Monate in einem Hotel für ein Festgehalt von 2.000 Euro brutto pro Monat angestellt. Es folgten fünfeinhalb Monate erneuter Bezug von Krankengeld, dann wieder Übergangsgeld für knapp einen Monat während einer Reha-Maßnahme und weitere drei Tage Krankengeld. Danach arbeitete sie wieder im selben Hotel.

Schon wieder Krankengeld, und diesmal deutlich niedriger

Doch zweieinhalb Monate später wurde sie wieder arbeitsunfähig und erhielt wieder Krankengeld. Die Krankenkasse teilte ihr mit, dass diesmal das Brutto-Krankengeld 40,99 Euro pro Tag umfasse, berechnet nach dem zuletzt erhaltenen Gehalt von 2.000 Euro brutto. Die Frau legte Widersprich gegen diesen Bescheid ein und forderte eine Berechnung nach ihrem ursprünglichen Gehalt von 2.560, 54 Euro.

Krankenkasse weist Widerspruch zurück

Die Krankenkasse wies den Widerspruch zurück. Sie erklärte, das Krankengeld liege bei 70 von Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommen, soweit es der Beitragsbemessung unterliege. Es dürfe nicht höher liegen als 90 von Hundert des berechneten Nettoarbeitsentgelts. Dabei sei das tatsächliche Einkommen im Abrechnungszeitraum maßgebend. Eine frühere Beschäftigung mit höherem Arbeitsentgelt spiele keine Rolle.

Erkrankte bekommt Erwerbsminderungsrente und klagt gegen Krankenkasse

Sie bezog jetzt das Krankengeld in der am letzten Gehalt berechneten Höhe, denn für einige Wochen Übergangsgeld wegen einer erneuten Reha, und dann noch einmal bis zur Aussteuerung Krankengeld. Nach der Aussteuerung bekam sie Arbeitslosengeld, und eineinhalb Monate später erkannte die Rentenversicherung eine volle Erwerbsminderungsrente an.

Sie klagte vor dem Sozialgericht Mannheim und gab dort an, ihre Beschäftigung in dem Hotel habe nach vier Wochen geendet, nachdem sie an Krebs erkrankt sei. Diese Arbeit hätte sie nach einer 14 Monate dauernden Maßnahme zur Teilhabe angetreten, in einem nicht gelernten Beruf, um sich wieder in das Arbeitsleben zu integrieren. Dafür habe sie rund 600 Euro weniger Verdienst als zuvor akzeptiert.

Erwerbsgeminderte sieht sich als Härtefall

Es handle sich laut Paragraf 47 Absatz 3 des Sozialgesetzbuches V um einen Härtefall. Der Mindestumfang des Bemessungszeitraums beim Krankengeld diene dazu, den Lebensstandard des Versicherten hinreichend zu repräsentieren, um Zufallsergebnisse zu vermeiden. Deshalb sei bei ihr der Bemessungszeitraum ihrer ursprünglichen Stelle als Sicherheitskraft richtig.

Psychische Belastung und Arthrose

Das Sozialgericht wies die Klage ab und teilte die Begründung der Krankenkasse. Die Erwerbsgeminderte ging in Berufung vor das Landessozialgericht, doch auch hier scheiterte sie. Sie argumentierte, eine Wiedereingliederung sei wegen zu hoher psychischer Belastung durch die Chemotherapie nicht möglich gewesen, zudem habe sie während der Bestrahlung eine rheumatoide Arthritis bekommen und der Tod zweier Geschwister verkraften müssen.

Weniger Lohn und keine Zuschläge

Sie habe im Hotel angefangen mit 600 Euro Lohn weniger, und ohne die üblichen Zuschläge für Wochenenden, Feiertage und Spätschichten. Es sei ungerechtfertigt, das Krankengeld auf Grundlage dieses Lohns zu berechnen.

Krankengeld sieht keine Härtefallregelung vor

Das Landessozialgericht bestritt zwar nicht, dass es sich bei ihr um einen Härtefall handle, verwies aber darauf, dass das Krankengeld keine entsprechende Regelung enthält – weder per Gesetz noch nach Satzung der hier zuständigen Krankenkasse.

Krankengeld soll aktuelles Lohnniveau spiegeln

Der Gesetzgeber habe als Bemessungszeitraum das „mindestens während der letzten abgerechneten vier Wochen erzielte und abgerechnete Entgelt” gerade deshalb gewählt, damit das Krankengeld allen Veränderungen in den Lohnverhältnissen des Versicherten so dicht wie möglich folge. Krankengeld solle also das jeweils aktuelle Lohnniveau spiegeln. Deshalb sei ausgeschlossen, das Krankengeld nach einem vor diesem aktuellen Lohnniveau bezogenen Gehalt zu berechnen.