Mietfreies Wohnen kann für die Erreichung der Mindesteinkommensgrenze nicht als Einkommen gewertet werden, so aktuell das Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen mit Urteil vom 09.12.2024 – L 9 BK 12/22 –
Anspruch auf Kinderzuschlag besteht nicht, wenn die Bedarfsgemeinschaft – mietfrei – wohnt. Mietfreies Wohnen ist kein geldwerter Vorteil und auch kein Einkommen, es führt nur zur Reduzierung des Bedarfs.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
Begründung des Gerichts:
Für die Frage, ob die Mindesteinkommensgrenze erfüllt ist, verweist § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG im maßgeblichen Zeitraum auf § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Erst seit dem 01.01.2023 verweist die Vorschrift auch auf § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II, was aber in der Sache nichts ändert.
Die Vorschrift bestimmt: „Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind.
Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen.“
Mietfreies Wohnen ist eine Sachleistung und somit kein Einkommen beim Kindergeldzuschlag
Einnahmen in Geldeswert, zu denen auch die Sachleistung freie Unterkunft gehört, sind seit 2016 nicht mehr als Einnahmen zu berücksichtigen.
Einnahmen in Geldeswert sind erst ab dem 01.01.2023 den Einnahmen in Geld gleichzusetzten, wenn es sich um Einnahmen im Rahmen der genannten Tätigkeiten handelt.
Das mietfreie Wohnen stellt nach der gesetzlichen Regelung keine Einnahme in Geld dar
Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Sachleistung freies Wohnen bei der Frage, ob die Mindesteinkommensgrenze erfüllt ist, hat der Senat nicht.
Kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, indem Personen, die Leistungen in Geldeswert beziehen, gegenüber Personen, die Leistungen in Geld beziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt würden, denn für diese Differenzierung besteht ein sachlicher Grund (ausführlich zum Maßstab dieses Grundrechts im Recht des KiZ BSG Urteil vom 13.07.2022 – B 7/14 KG 1/21 R).
Es folgt aus dem Grundkonzept des KiZ, der auch einen Erwerbsanreiz setzen will (BSG Urteil vom 13.07.2022 – B 7/14 KG 1/21 R), dass die Leistung bereite Geldmittel voraussetzt, mit denen der Betroffene einen Teil seines Lebensunterhalts selbst finanzieren kann.
Mietfreies Wohnen führt zu einer Reduzierung des Bedarfs
Die Nichtberücksichtigung des kostenfreien Wohnens ist für den Anspruch auf KiZ daher nicht unbeachtlich.
Für die Frage, ob durch den KiZ Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden wird (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG in der seit dem 01.01.2020 gF, vorher § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG in der bis zum 31.12.2019 gF) spielt die Frage, welche Unterkunfts- und Heizkosten anfallen, eine Rolle.
Eine Person, die kostenfrei wohnt, kann dann leichter KiZ erhalten. Zudem sind die Anspruchsvoraussetzungen entsprechend dem Sinn dieser Leistung – Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II – eng mit den Voraussetzungen nach dem SGB II verknüpft.
Auch im SGB II ist mietfreies Wohnen nicht als Einkommen, sondern auf der Bedarfsseite zu berücksichtigen.