Bei Arbeitslosengeld muss Teilzeit korrekt berechnet werden. Die Bundesagentur für Arbeit kürzte einer ehemaligen Krankenschwester drastisch das Arbeitslosengeld nach einer Erkrankung. Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein entschied, dass die Behörde die Teilzeitarbeit der Frau nicht berücksichtigt hatte und verpflichtete die Agentur für Arbeit dazu, höhere ALG1-Leistungen zu zahlen. (L3 AL 13/21)
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Krankenpflegerin wird arbeitslos
Die Betroffene meldete sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, nachdem sie zuvor als Krankenpflegerin 20 Stunden pro Woche in Teilzeit gearbeitet hatte. Die Arbeitsagentur bewilligte ihr zunächst Arbeitslosengeld in Höhe von von täglich 50,08 Euro.
Arbeitslosengeld wegen Erwerbsminderung gekürzt
Nach einer Erkrankung konnte sie, laut eines ärztlichen Attestes, nur noch drei Stunden pro Tag arbeiten. Diese Bescheinigung legte sie der Arbeitsagentur vor. Die Behörde kürzte daraufhin das Arbeitslosengeld und berechnete die verminderte Arbeitsfähigkeit von 15 Wochenstunden im Verhältnis zu einer 40-Stunden Woche.
Statt Teilzeit Vollzeit als Maßstab gesetzt
Die Betroffene klagte gegen diesen Bescheid vor dem Sozialgericht Schleswig-Holstein, und dies führte teilweise zum Erfolg. Das Gericht erkannte nämlich, dass die Arbeitsagentur nach einem falschen Maßstab gerechnet hatte.
Es hätte nicht von einer wöchentlichen Arbeitszeit im Bemessungszeitraum in Höhe von 40 Stunden ausgehen dürfen. Denn die Krankenpflegerin hätte nur 20 Stunden in Teilzeit gearbeitet. Die verminderte Arbeitsfähigkeit hätte also 15 Wochenstunden um Verhältnis zu einer 20-Stunden Woche betragen.
Berufung bleibt erfolglos
Die Arbeitsagentur legte vor dem Landessozialgericht Schleswig-Holstein Berufung ein. Das Gericht wies diese zurück Es bestätigte die Entscheidung des Sozialgerichts und erklärte auch warum.
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Es gilt die tatsächliche Arbeitszeit
Bei eingeschränkter Verfügbarkeit sei die tatsächliche Arbeitszeit im Bemessungszeitraum maßgeblich und nicht die reguläre Arbeit in Vollzeit. Somit hätte die Bundesagentur von den realen 20 Wochenstunden ausgehen müssen.
Bestandsschutz gilt nur für das Entgelt
Der Bestandsschutz beim Arbeitslosengeld gelte nur für das Entgelt, nicht aber für den Zeitfaktor. Deshalb sei die Arbeitszeit im regulären Bemessungszeitraum entscheidend. Einerseits würde so der Besitzstand gewahrt, und andererseits könne das Arbeitslosengeld bei Teilzeitverfügbarkeit gemindert werden.
Was bedeutet dieses Urteil?
Die Betroffene erhält also für den Zeitraum ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit mehr Geld. Darüber hinaus ist das Urteil auch eine Vorlage für vergleichbare Fälle, die nicht selten vorkommen. Wenn Arbeitslose, die zuvor in Teilzeit arbeiteten, nur noch eingeschränkt in Erwerbsarbeit vermittelbar sind, können Sie gegenüber der Arbeitsagentur auf dieses Urteil verweisen.
Die Arbeitsagentur muss also von der tatsächlichen Arbeitszeit vor der Arbeitslosigkeit ausgehen und nicht von einer fiktiven Vollzeitbeschäftigung. Als konkret Betroffener bedeutet das für Sie: Die Arbeitsagentur muss möglicherweise höheres Arbeitslosengeld auszahlen als zuvor berechnet.
In einer ähnlichen Situation sollten Sie den entsprechenden Bescheid der Agentur genau prüfen und im Zweifel Widerspruch einlegen. Im Widerspruch können Sie sich dann auf dieses Urteil beziehen.