Jobcenter: Hartz IV Trick bei den Unterkunftskosten durch Bundessozialgericht gescholten

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Jobcenter versuchten mit einem Trick Umzรผge zu verhindern

Mit einem Trick versuchten Jobcenter Hartz IV Beziehende davon abzuhalten in eine teuere Wohnung zu ziehen, auch wenn die Unterkunftskosten eigentlich angemessen wรคren. Dennoch hatten viele Jobcenter in lรคndlichen Kreisen versucht, mit rechnerischen Tricks die Angemessenheit zu unterlaufen. Dieser Praxis wurde nun durch das Bundessozialgericht unterbunden.

Die Unterkunftskosten und Heizung mรผssen bei Hartz IV Beziehern grundsรคtzlich in tatsรคchlicher Hรถhe รผbernommen werden, soweit diese angemessen sind. So weit, so gut. Jobcenter ermittelten diese Angemessenheit mit Hilfe der Unterteilung verschiedener Vergleichsrรคume. Das dรผrfen sie auch, so die obersten Richter des Bundessozialgerichts in Kassel, allerdings mรผssten dabei rechtliche und methodische Voraussetzung erfรผllt sein. (Az: B 14 AS 41/18 R und weitere)

Im lรคndlichen Raum kรถnnen Bezieher des Arbeitslosengeldes II (ALG II) in vielen Konstellationen einfacher umziehen. Mit einem rechtswidrigen Trick hatten die Jobcenter vieler Landkreise einen Umzug in eine teuerere Wohnung verhindert. Das oberste Sozialgericht gebot nun dieser Praxis einhalt.

Mietpreisunterschiede innerhalb eines Vergleichsraums

Damit die regionalen Mietpreisunterschiede berรผcksichtigt werden, berechnen die Jobcenter spezielle Vergleichsrรคume. Wenn Hartz IV Beziehende bereits in einer “angemessenen Wohnung” leben und dann aus eigenem Interesse innerhalb eines Vergleichsraums umziehen, darf die neue Wohnung nicht mehr kosten, als die alte. Ziehen die Betroffenen in einen anderen Vergleichsraum, gelten die dortigen Obergrenzen fรผr angemessenen Wohnraum.

In dem verhandelten Fall hatten die Behรถrden den gesamten Landkreis als einen einzigen Vergleichsraum bestimmt. Eine Hamburger Beraterfirma hatte nach Auftrag den Landkreis in mehrere sogenannte Wohnungsmarkttypen verschiedener Wohnlagen eingeteilt. Fรผr diese galten verschiedene Obergrenzen bei den Unterkunftskosten. Damit wurde es jedoch Hartz IV Beziehenden unmรถglich gemacht, in eine teuere Wohnung umzuziehen.

In einem Fall ging es um den Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein, der direkt an Hamburg grenzt. Die Stadt Norderstedt ist sogar an das U-Bahn Netz in Hamburg angeschlossen. Die Mieten sind hier wesentlich hรถher, als im 50 km entfernten Norden des selben Landkreises. Durch die Wohnungsmarkttypen blieben die hohen Mieten, vor allem die in Norderstedt, in der Berechnung der Kosten fรผr die Unterkunft, unberรผcksichtigt. So war es fรผr Hartz IV Beziehende faktisch nicht mรถglich aus dem Kreis zb nach Norderstedt zu ziehen.

Wie die Richter des Bundessozialgerichts nun entschieden, muss im Vergleichsraum immer die gleiche Grenze fรผr angemessenen Wohnraum gelten. Sind die Unterschiede in bestimmten Bereichen des Vergleichsraums zu groรŸ, mรผssen diese einen eigenen Vergleichsraum bilden.

Ein Jobcenter kann fรผr mehrere Vergleichsrรคume zustรคndig sein, sagten die Richter. Vergleichsrรคume mรผssen “einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich” bilden, insbesondere auch bezรผglich der Verkehrsinfrastruktur”, so das Gericht. Damit sollen soziale Brennpunkte vermieden werden.

Jobcenter mรผssen Vergleichsrรคume neu gestalten

Zahlreiche Jobcenter mรผssen nun รผber ihre Vergleichsrรคume neu denken und die Mietobergrenzen entsprechend anpassen. Kommt es zum Streit รผber die angemessenen Wohnkosten, mรผssen die Gerichte auf den Mietspiegel oder auf Wohngeldtabellen mit einem Zuschlag von 10 Prozent.

Im Klartext bedeutet dies, dass Hartz IV Beziehende nunmehr leichter umziehen kรถnnen.