Jobcenter Skurril: Anwalt der Bürgergeld-Bezieherin soll Umzug machen

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Sozialgericht Karlsruhe: Anwalt kann nicht bei Umzug helfen

Können Bürgergeldbezieher einen notwendigen Umzug nicht selbst durchführen, darf das Jobcenter sie nicht pauschal auf studentische Umzugshelfer verweisen. Weder darf die Behörde den Helfern eine Umzugspauschale zahlen, die nur unterhalb des Mindestlohns liegt, noch darf sie vom Bürgergeldbezieher verlangen, dass ihm sein Rechtsanwalt beim Umzug „unter die Arme greift“, entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 1. Oktober 2024 (Az.: S 12 AS 2387/22).

Erkrankte Frau musste umziehen

Normalerweise müssen Grundsicherungsempfänger bei einem Umzug selbst mit anpacken. Sind sie aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung dazu nicht in der Lage, können die Kosten für ein Umzugsunternehmen als berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten übernommen werden.

Im Streitfall ging es um eine depressive Mutter und ihre beiden pflegebedürftigen Kinder. Sie waren im Jahr 2022 auf Bürgergeld angewiesen. Das Jobcenter Karlsruhe übernahm die Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.014 Euro monatlich.

Im Juli 2022 kündigte die Frau ihre Mietwohnung und mietete eine neue Wohnung in Ettlingen im Landkreis Karlsruhe. Das Jobcenter des Landkreises hatte die Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe von 887 Euro monatlich bewilligt. Als Grund für den Umzug hatte die Frau angegeben, dass ihre Familie sie aufgrund ihrer Depressionen bei der Betreuung ihrer pflegebedürftigen Kinder unterstützen könne. Ehrenamtliche Umzugshelfer stünden ihr nicht zur Verfügung.

Antrag auf Umzugskosten gestellt

Sie beantragte daher beim Jobcenter Karlsruhe die Übernahme der Umzugskosten und legte drei Kostenvoranschläge von Umzugsunternehmen vor. Das günstigste Unternehmen bot den Umzug für 2.200 Euro an. Der Preis beinhaltete auch den Ab- und Aufbau der Küche.

Dem Jobcenter war das viel zu teuer. Die Frau könne doch auf studentische Umzugshelfer zurückgreifen. Als Tageslohn würden pauschal 50 Euro pro Umzugshelfer übernommen. Auch ihr Anwalt könne ihr beim Umzug helfen und mit seinem Auto Kisten transportieren.

Jobcenter darf für Umzugshelfer nicht weniger als Mindestlohn zahlen

Das Sozialgericht sprach der Klägerin die Erstattung der Kosten für den zunächst selbst bezahlten Umzug durch ein Umzugsunternehmen in Höhe von 2.200 Euro zu. Es handele sich um erstattungsfähige Unterkunftskosten. Zwar müssten Grundsicherungsempfänger einen notwendigen Umzug grundsätzlich selbst durchführen. Dies sei der Klägerin aber wegen ihrer Depressionen und der zu betreuenden Kinder nicht möglich.

Es gebe auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass studentische Umzugshelfer billiger seien als das gewählte Umzugsunternehmen. Zudem sei die Praxis des Jobcenters, eine Tagespauschale von 50 Euro für eine studentische Hilfskraft zu gewähren, „offensichtlich rechtswidrig“. Bei einem Mindestlohn von 12,50 Euro und einem Arbeitstag von acht Stunden sei die Pauschale völlig unzureichend. Die Klägerin habe auch keine ehrenamtlichen Umzugshelfer.

Sozialgericht rügt Jobcenter: Rechtsanwalt der Klägerin kann nicht beim Umzug helfen

Der Hinweis der Behörde, der Rechtsanwalt der Klägerin könne ihr beim Umzug helfen, sei nicht geeignet, die Umzugskosten zu mindern. Ein Rechtsanwalt berechne regelmäßig ein dreistelliges Stundenhonorar. Auch würden „weder das Jurastudium noch der juristische Vorbereitungsdienst“ den angehenden Rechtsanwalt „in die Lage versetzen, Umzugsgut besser oder schneller als andere Personen zu befördern“. fle