Die Krankenkasse muss auch dann Krankengeld zahlen, wenn ein Versicherungsnehmer Urlaub im Ausland innerhalb der Europäischen Union macht. So urteilte das Bundessozialgericht. (Urteil vom 4. Juni 2019, Az.: B 3 KR 23/18 R)
Gerüstbauer wollte im EU Ausland Urlaub machen
Ein Gerüstbauer war krankgeschrieben und wollte fünf Tage Urlaub in Dänemark machen. Die Krankenkasse genehmigte die Reise nicht und wollte die Zahlung des Krankengeldes einstellen.
Der Betroffene war mehrere Wochen krankgeschrieben wegen Rückenschmerzen. Die behandelnde Ärztin sah die Reise nach Dänemark als unproblematisch an. Vorschriftsgemäß beantragte der Mann seinen Urlaub nach Dänemark bei der Krankenkasse.
Diese schätzte die Lage anders ein als die Ärztin und vermutete, die Schmerzen könnten sich durch die Reise verschlimmern.
Das Bundessozialgericht hält Urlaub für rechtmäßig
Das Bundessozialgericht entschied, dass die Krankenkasse das Krankengeld für den Urlaub im EU-Ausland zahlen muss und klärte dabei wichtige Punkte.
Erstens, so das Gericht, dürfe die Krankenkasse einen Auslandsaufenthalt nicht mit der Begründung verweigern, dass sie Auswirkungen auf den Gesundheitszustand vermute.
Zweitens gelte innerhalb der Europäischen Union die Regelung des Geldleistungsexports. Deshalb müsse die Kasse bei einem Aufenthalt innerhalb der EU Krankengeld zahlen.
Drittens dürfen Krankenkassen diese Zahlungen nicht einstellen, wenn kein Missbrauch vorliegt.
Regelung gilt nicht bei Fernreisen
Es handelt sich hier um eine Regelung der Europäischen Union. Diese gilt nicht bei Fernreisen außerhalb der EU. In diesem Fall kann und darf die Krankenkasse die Zahlung des Krankengeldes einstellen.
Antrag bei der Krankenkasse muss gestellt werden
Wenn Sie Krankengeld beziehen und innerhalb der Europäischen Union verreisen wollen, dann müssen Sie allerdings bei der Krankenkasse einen Antrag stellen.
Um diesen zu unterstützen, sollten Sie ein ärztliches Attest beifügen, das erstens ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigt und zweitens aus ärztlicher Sicht bestätigt, dass Sie diese Reise ohne negative Auswirkungen auf ihre Beschwerden unternehmen können.
Der Gerüstbauer hatte diesen Antrag gestellt und sich an die Vorschriften gehalten. Ohne Antrag kann die Krankenkasse zumindest für die Zeit im Ausland die Zahlung des Krankengeldes verweigern.
Ärztliche Untersuchung kann notwendig sein
Wenn die Krankenkasse Sie dazu auffordert, sich ärztlich untersuchen zu lassen oder einer Behandlung zu unterziehen, dann sollten Sie dem nachkommen – und nicht nur, wenn Sie vorhaben, ins Ausland zu reisen.
Krankenkassen sind bei der Zahlung von Krankengeld kritisch, da dieses sie viel Geld kostet. Kommen Sie einer Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung nicht nach, dann könnte die Krankenkasse die Zahlung des Krankengeldes aussetzen.
Die Begründung wäre dann fehlende Mitwirkung.
Was darf die Krankenkasse nicht fragen?
Wenn Sie Krankengeld beziehen, dann darf die Krankenkasse Sie nicht fragen, wie Sie ihren Gesundheitszustand einschätzen, ob Sie Probleme am Arbeitsplatz oder in der Familie haben.
Im Fall des Gerüstbauers wäre eine Frage der Krankenkasse nach seinen konkreten Urlaubsplänen (was er in Dänemark unternehmen will) rechtswidrig.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.