Arbeitsunfähigkeit: Meldepflicht liegt bei Ärzten – Urteil

Lesedauer 2 Minuten

Das Bundessozialgericht gab einem Arbeitnehmer Recht. Dieser hatte geklagt, weil die Krankenkasse ihm Krankengeld verweigert hatte. Die Begründung der Kasse lautete, er hätte nicht rechtzeitig seine Arbeitsunfähigkeit gemeldet. Trotzdem behalte der Betroffene einen Anspruch auf Krankengeld, so das Gericht. (Az.: B 3 KR 23/22 R)

Arbeitsunfähigkeit zu spät gemeldet

Der Arbeitnehmer war freiwillig bei der Pronova BKK versichert. Er wurde im März 2021 arbeitsunfähig. Bis zum 11. Mai zahlte der Arbeitgeber seinen Lohn weiter. Er beantragte Krankengeld für die Zeit vom 12. Mai bis zum 21. Juli 2021.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Sie behauptete, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht rechtzeitig gemeldet worden, und deshalb hätte er keinen Anspruch auf Krankengeld.

Meldepflicht liegt beim behandelnden Arzt

Der Betroffene blieb hartnäckig und klagte vor dem Sozialgericht Köln (Az.: S 23 KR 1875/21). Dieses gab ihm recht und verpflichtete die Krankenkasse dazu, Krankengeld auszuzahlen.

Das Gericht begründete diese Entscheidung damit, dass die Pflicht zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit seit Januar 2022 bei den behandelnden Ärzten liege und nicht beim Versicherten.

Änderung bei der Meldepflicht 2021

Im Januar 2021 trat die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) in Kraft. Nach der alten Regelung mussten Versicherte ihre Krankenkasse über ihre Arbeitsunfähigkeit eine Woche nach deren Beginn informieren. Ansonsten verfiel der Anspruch auf Krankengeld.

Die eAu war nicht nur ein neues Verfahren, sondern änderte das Haftungsprinzip. Seitdem sind die Ärzte dafür verantwortlich, die Bescheinigung elektronisch an die Kasse weiterzuleiten – nicht die Versicherten.

Meldungen in den ersten Monaten verzögert

Die Krankenkasse hatte mit der Berufung keinen Erfolg. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied wieder, dass der Versicherte im Recht sei. (Az.: L 10 KR 245/22).

Die Krankenkasse argumentierte, das digitale Verfahren der Arztpraxen sei 2021 noch nicht ausgereift gewesen. Es hätte nicht selten Verzögerungen gegeben. Der Sinn der Meldung der Arbeitsunfähigkeit, das zeitnahe Informieren der Krankenkasse, müsse aber gewährleistet sein.

Deshalb bliebe der Versicherte in der Pflicht, über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren, wenn die elektronische Vermittlung scheitere.

LSG: Pflicht liegt bei den Ärzten

Das Landessozialgericht lehnte diese Argumentation ab. Das neue elektronische Verfahren entbinde Versicherte gerade von der Pflicht, die Krankenkasse über Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Diese Verantwortung hätten vielmehr die Ärzte.

Auch dieses Urteil nahm die Krankenkasse nicht an, sondern legte Revision beim Bundessozialgericht ein.

Bundessozialgericht entscheidet für Versicherte

Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidungen der ersten beiden Instanzen und begründete dies ausführlicher. Denn mit der elektronischen Datenübermittlung hätte der Gesetzgeber bewusst die Meldepflicht von den Versicherten auf die Ärzte übertragen.

Die behandelnden Ärzte seien dafür verantwortlich, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln. Der Betroffene hätte deshalb keine Pflichtverletzung begangen.

Das Urteil lautete: Die Krankenkasse muss das verweigerte Krankengeld vom 12. Mai bis zum 21. Juli 2021 nachzahlen.

Fazit

Die Rechtslage ist in diesem Fall erst einmal eindeutig. Keine Pflicht bedeutet keine Pflicht, und damit ist eine Nichtmeldung keine Pflichtverletzung.

Dass die Krankenkasse trotzdem den Weg durch die Instanzen versuchte, hat handfeste Gründe. Krankengeld kostet, und Krankenkassen möchten diese Kosten sparen, wo es nur möglich ist.

Dazu setzen manche Kassen auch unlautere Methoden ein.

Hier versuchte die Pronova BKK, den Versicherten in eine Haftung zu zwingen, die rechtlich nicht bestanden hat. Mit diesem Trick kam sie nicht durch.

Alle Instanzen der Sozialgerichte haben diesem Versuch einen Riegel vorgeschoben – und das ist gut so.