BSG: Rückforderung soll nicht an Formalia scheitern
26.10.2017
Erschwindelt sich ein Hartz-IV-Bezieher Arbeitslosengeld II in Höhe von 29.200 Euro, kann er das Geld nicht behalten. Fordert das Jobcenter das Geld zurück, soll dies nicht an zu hohen formalen Hürden scheitern, urteilte am Mittwoch, 25. Oktober 2017, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 9/17 R). Für die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides ist es danach nicht erforderlich, dass darin sämtliche, im Streitzeitraum an den Hartz-IV-Bezieher ergangenen Änderungsbescheide, aufgeführt werden.
Geklagt hatte ein Hartz-IV-Bezieher aus Hamburg. Der Mann hat seit 2003 mit Markenuhren gehandelt und mit dieser selbstständigen Tätigkeit jedes Jahr mehr als 40.000 Euro verdient. Dennoch hatte er von 2005 bis Oktober 2007 Hartz-IV-Leistungen erhalten. Über seinen lukrativen Uhrenhandel hatte er das Jobcenter nicht informiert.
Doch die Geschäfte fielen dem Hauptzollamt auf, so dass letztlich auch das Jobcenter von den Einkünften erfuhr. Per Aufhebungs- und Erstattungsbescheid forderte die Behörde 29.200 Euro an zu viel gezahlten Leistungen zurück. Darin enthalten waren auch die Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung des Mannes.
Der Hartz-IV-Bezieher dachte jedoch nicht daran, das Geld zurückzuzahlen und zog vor Gericht.
Das Sozial- und Landessozialgericht Hamburg verurteilten den Mann dazu, lediglich 18.670 Euro zurückzuzahlen. Die darüber hinaus bestehende Forderung habe das Jobcenter in seinem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nicht klar genug eingefordert. Denn die Behörde habe es versäumt, in dem Bescheid sämtliche, an den Hartz-IV-Bezieher im Streitzeitraum ergangenen Änderungsbescheide einzeln aufzulisten. Der Bescheid sei damit nicht „bestimmt“ genug.
Gegen dieses Urteil legte das Jobcenter Revision beim BSG ein.
Ob ein Bescheid „bestimmt“ genug ist, hänge vom „objektiven Empfängerhorizont“ ab, urteilte das BSG. Kann der Empfänger erkennen, was die Behörde von ihm will?
Dies sei hier ausreichend klar gewesen. So sei nicht nur der genaue Streitzeitraum, sondern auch die aufgegliederte Erstattungsforderung genannt worden. Zweifel an der Forderung gebe es damit nicht. Spätestens im Widerspruchsverfahren seien zudem sämtliche Änderungsbescheide für die einzelnen Zeiträume aufgeführt worden.
Der Kläger müsse daher die rechtswidrig erhaltenen Hartz-IV-Leistungen zurückzahlen. Davon ausgenommen seien lediglich die vom Jobcenter gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 2.980 Euro. Hier fehle es an einer gesetzlichen Regelung für die Rückforderung, so das BSG. fle/mwo
Bild: JiSign/fotolia
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