Genaue Absprache von Pflegebedürftigen für Wohngruppenzuschlag nötig

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LSG Essen: Präsenzkraft muss gemeinsam beauftragt werden

Ambulant betreute Bewohner in Wohngemeinschaften oder Wohngruppen müssen sich für einen von der Pflegekasse gezahlten Wohngruppenzuschlag genau untereinander abstimmen. Haben nicht alle Bewohner oder deren Betreuer gemeinschaftlich eine Präsenzkraft beauftragt, könne der Zuschlag nicht gewährt werden, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem am kürzlich veröffentlichten Urteil vom 6. Juni 2019 (Az.: L 5 P 63/18). Dabei dürfe die Präsenzkraft aber durchaus auch eine juristische Person sein, so die Essener Richter. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen sie die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen „zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung” von der Pflegekasse monatlich einen pauschalen Zuschlag in Höhe von derzeit 214 Euro beanspruchen. Mehrere Voraussetzungen müssen aber erfüllt sein. So müssen in der Wohngruppe mindestens zwei und höchstens zwölf Menschen leben. Mindestens drei davon müssen pflegebedürftig sein und Pflegesachleistungen oder Pflegegeld erhalten.

Eine weitere Voraussetzung für den Wohngruppenzuschlag ist die Beauftragung einer Präsenzkraft, die für die allgemein organisatorischen, verwaltenden, betreuenden oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zuständig ist.

Im konkreten Fall ging es um eine Frau, die seit einer Hirnblutung schwerst pflegebedürftig ist. Sie lebt zusammen mit fünf weiteren pflegebedürftigen Menschen in einer betreuten Wohngemeinschaft. Angehörige übernehmen teilweise Arbeiten wie die anfallende Wäsche oder organisieren gemeinsame Feste. Ein ambulanter Pflegedienst gewährleistet eine pflegerische Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Eine GmbH war für die allgemeinen organisatorischen Aufgaben zuständig.

Obwohl die Frau in einer Wohngruppe lebt und dort ambulant betreut wird, hatte die Pflegekasse ihr aber den Wohngruppenzuschlag verweigert.

Begründung: Die Wohngemeinschaft hat keine vorgeschriebene Präsenzkraft zur Erledigung der allgemeinen Verwaltungs- und Organisationsaufgaben beauftragt. Dies müsse eine natürliche Person sein. Die beauftragte GmbH sei eine juristische Person und könne nicht als „Präsenzkraft” durchgehen. Auch hätten nicht alle Bewohner gemeinschaftlich der Beauftragung einer Präsenzkraft zugestimmt.

Das LSG urteilte, dass in ambulant betreuten Wohngruppen durchaus eine juristische Person als Präsenzkraft tätig werden könne. Dass nicht nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Person Präsenzkraft sein könne, entspreche schon einer praktischen Notwendigkeit. Eine einzelne Person sei gar nicht in der Lage, Rund-um-die-Uhr anwesend zu sein.

Dennoch stehe dem Kläger kein Wohngruppenzuschlag zu. Denn nach den geltenden Bestimmungen müsse die vorgeschriebene Präsenzkraft „gemeinschaftlich” von den Bewohnern beauftragt worden sein. Dies sei hier nicht geschehen. Bei den Mitgliederversammlungen, an denen Bewohner und ihre Betreuer teilnahmen, habe immer jemand gefehlt. Eine gemeinschaftliche Beauftragung der GmbH sei daher nicht erfolgt.

Am 18. Februar 2016 hatte das BSG entschieden, dass als Wohngemeinschaft oder Wohngruppe auch eine Großfamilie in einem „Mehrgenerationenhaus” durchgehen kann (Az.: B 3 P 5/14 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Werden in der Großfamilie mehrere Personen gepflegt, könne ein Wohngruppenzuschlag gezahlt werden. Mit dem Geld könnten dann die Mitglieder der Wohngruppe gemeinsam eine Person beauftragen, die über die Pflege hinaus das Zusammenleben organisiert und verwaltet. Ihre Aufgabe müsse dabei aber deutlich von der individuellen Pflege und den familiären Verpflichtungen abgegrenzt werden. fle/mwo

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