Hartz IV-Aufstocker können Business-Kleidung nicht als Werbungskosten absetzen
20.06.2012
Geringverdiener können ihr Einkommen mit ALG-II-Leistungen aufstocken. Diese reichen jedoch häufig nicht aus, um zusätzliche Ausgaben beispielsweise für elegante Business-Kleidung zu decken. Das Bundessozialgericht entschied jüngst, dass Hartz IV-Aufstocker die Kosten zwar nicht von der Steuer absetzen dürfen, sich diese jedoch unter Umständen vom Jobcenter erstatten lassen können.
Zwingend notwendige Business-Kleidung kann zur „Leistung zur Eingliederung“ zählen
Hartz IV-Aufstocker, die berufsbedingt schicke Kleidung benötigen, müssen dafür in der Regel selbst aufkommen. Die Kosten für Bürokleidung und Friseurbesuche dürfen nicht bei der Berechnung der Sozialleistungen vom Einkommen abgezogen werden. So entschied das Bundessozialgericht. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, sich die Kosten vom Jobcenter erstatten zu lassen, sofern die Kleidung zwingend erforderlich sei, um eine Stelle anzutreten oder zu behalten. Diese würden dann unter die „Leistung zur Eingliederung“ fallen, so die Kasseler Richter (Aktenzeichen B 4 AS 163/11).
Im verhandelten Fall hatte eine Sekretärin aus Oberhessen geklagt. Sie war halbtags bei einem Finanzdienstleister beschäftigt, der elegante Kleidung verlangte. Ihr Brutto-Einkommen in Höhe von 1066 Euro wurde mit ergänzenden Hartz IV-Leistungen aufgestockt. Abzüglich von Freibeträgen und Steuern sollte ihr Einkommen 536 Euro betragen, wie das Jobcenter Marburg-Biedenkopf errechnete. Zudem erhielt die alleinerziehende Frau rund 110 Euro Hartz IV-Aufstockung für vier Monate.
Die Mutter eines Sohnes machte jedoch auch 329 Euro für ein halbes Jahr als Werbungskosten geltend, die sie für Friseurbesuche und Bürokleidung ausgegeben hatte. Ihr Arbeitgeber fordere elegante, repräsentative Kleidung. Das gelte im Besonderen, wenn sie ihren Chef begleite oder auf Schulungen, so die Teilzeit-Sekretärin. Die Ausgaben müssten entsprechend berücksichtigt werden, da sie anderenfalls schlechter gestellt sei, als wenn sie ohne Job ausschließlich von Hartz IV leben würde.
Gemischte Aufwendungen sind nicht abzugsfähig
Sowohl das Sozialgericht in erster Instanz als auch das Landessozialgericht wiesen die Klage ab. Die Richter des Bundessozialgerichts in Kassel lehnten die Berücksichtigung der Kleidungs- und Friseurkosten als Werbungskosten ebenfalls ab. „Merkmal der typischen Berufskleidung ist entweder ihre Unterscheidungsfunktion oder ihre Schutzfunktion“, hieß es. Beides sei im verhandelten Fall nicht gegeben. Derartige sogenannte gemischten Aufwendungen, wie die der Sekretärin, könnten sowohl dem privaten als auch dem beruflichen Lebensbereich zugerechnet werden. Deshalb seien sie nicht steuerlich abzugsfähig.
Die Richter betonten jedoch, dass die Möglichkeit bestehe, sich die Kosten für ein repräsentatives Erscheinungsbild unter Umständen beim Jobcenter erstatten zu lassen. Voraussetzung dafür sei, dass die Aufwendungen nötig sein, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu behalten. Ob das im Fall der Sekretärin wirksam ist, ließ das Bundessozialgericht offen. Der Anwalt der Frau erklärte am Dienstag, seine Mandantin sei „nicht in der Lage, Berufskleidung zu bezahlen“. Dafür reiche der Hartz IV-Regelsatz nicht aus. Das Jobcenter des Landkreises muss den Sachverhalt nun erneut prüfen und darüber entscheiden. „Wie das Kind genannt wird, ist egal, Hauptsache das Geld kommt regelmäßig", erklärte der Anwalt. (ag)
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