Einkommen mit Rückzahlungsverpflichtung – hier die Überzahlung des Arbeitgebers – macht Rückforderungsbescheid des Jobcenters rechtswidrig.
Denn Arbeitsentgelt, dass bei Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist, ist kein anrechenbares Einkommen beim Bürgergeld. ( vgl. bei einem Darlehen – BSG Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R ).
Entgegen der Meinung des Jobcenters sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II anzusehen, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem grundsätzlich Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleibt.
Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist.
Ein solcher Fall lag hier entgegen der Auffassung des Jobcenters vor
Denn das dem Aufstocker von Bürgergeld zugeflossene Arbeitsentgelt war nach Maßgabe der Regelung des § 271 Abs 1 BGB sogleich mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet gewesen, weil bereits vom Zeitpunkt der Überzahlung an die zu viel gezahlte Summe zurückverlangt werden kann (vgl zum Zeitpunkt der Fälligkeit bei überzahltem Arbeitsentgelt nur: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. September 1994 – 5 AZR 407/93, RdNr 24).
Jobcenter interpretiert die Rechtsprechung des BSG falsch – Entsteht eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer laufenden Einnahme erst nach dem Monat des Zuflusses, bleibt es für den Zuflussmonat bei der Berücksichtigung als Einkommen.
Weil das dem Leistungsempfänger zugeflossene Arbeitsentgelt danach also sogleich im Zuflussmonat mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet gewesen ist, ist auch die von dem Jobcenter zur Stützung seiner Auffassung zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. August 2011 – B 14 AS 165/10 R -) nicht einschlägig, weil hiernach die Verpflichtung des grundsätzlich Leistungsberechtigten, die Leistung als – bereite Mittel – in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen, erst dann besteht, wenn die Rückzahlungsverpflichtung – anders als hier – erst nach dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll.
Fazit
Wenn ein Aufstocker von Bürgergeld von seinem Arbeitgeber eine – Überzahlung – erhält, welche sogleich im Zuflussmonat mit einer Rückzahlungsverpflichtung versehen ist, denn mindert diese Überzahlung das Bürgergeld des Hilfebedürftigen nicht.
So aktuell bekannt gegeben vom SG Neuruppin.
Praxistipp
SG Reutlingen, Urteil vom 22.09.2020 – S 10 AS 916/20 -rechtskräftig –
Keine Rückforderung des Jobcenters, wenn eine Bank Arbeitsentgelt zurückbehält.
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.