Bürgergeld: Übernahme der Mietschulden bei zu teurer Wohnung

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Werden Mietschulden angehäuft, kann das Jobcenter Bürgergeld-Beziehern helfen und mit einem Darlehen die Mietschulden begleichen. Das allerdings häufig nur, um eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern. Was aber ist, wenn die Miete nicht den vorgeschriebenen Kriterien entspricht und demnach zu hoch ist? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 31 AS 627/23 B ER).

Mietschulden häuften sich an

Die Antragsteller, Eltern zweier Kinder, sehen sich mit einer fristlosen Kündigung und einem rechtskräftigen Räumungstitel konfrontiert, aufgrund von Mietschulden in Höhe von 8316 €.

Die monatliche Mietbelastung von 1371 €, mit einer geplanten Mieterhöhung von 50 € im September 2023, verschärfte die finanzielle Lage. Der Vermieter signalisiert Bereitschaft zur Fortsetzung des Mietverhältnisses bei Begleichung der Schulden bis Ende September 2023.

Jobcenter lehnte Antrag ab

Die Familie, die Bürgergeld-Leistungen bezieht, stellte beim zuständigen Jobcenter einen Antrag auf eine darlehensweise Übernahme ihrer Mietschulden gemäß § 22 Abs. 8 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II). Jedoch wurde der erste Antrag seitens der Behörde abgelehnt, mit der Begründung, dass Nachweise der zukünftigen Mietsicherung fehlen und während des Antragzeitraums weitere Mietschulden entstanden seien.

Daraufhin verklagten die Betroffenen das Jobcenter.

Eilantrag bei Sozialgericht – Beschwerde beim Landessozialgericht

Das Sozialgericht (SG) gewährte vorläufigen Rechtsschutz und verpflichtete das Jobcenter, die rückständige Miete als Darlehen zu gewähren.

Eine Beschwerde des Jobcenters führte zur Aufhebung des Beschlusses durch das Landessozialgericht (LSG) mit der Argumentation, dass die Wohnungskosten die Angemessenheitsgrenze übersteigen und eine langfristige Sicherung der Wohnung nicht gewährleistet sei.

Die Frage, ob die Mietschulden als Darlehen übernommen werden sollten, hänge entscheidend von der Mitwirkung der Antragsteller ab, so das Gericht. Der Senat kritisiert, dass seit der Kündigung keine Bemühungen erkennbar waren, zur Erhaltung der Wohnung beizutragen. Die fehlende positive Prognose erschwere die Zustimmung zu einer darlehensweisen Übernahme.

Schulwechsel als Begründung reicht nicht aus

Die Kontroverse um die Begründung, dass ein Schulwechsel der Kinder nicht ausreicht, um die Übernahme von Mietschulden zu rechtfertigen, zeigt unterschiedliche Ansichten.

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Das LSG argumentierte, dass der Wechsel von Schülern auf andere Schulen nach Ablauf eines Halbjahres ein Normalfall sei und somit keine außergewöhnliche Begründung darstelle.

Folgekosten für Obdachlosigkeit schied als Argument aus

Die Argumentation, dass Folgekosten für Obdachlosigkeit die Übernahme von Mietschulden nicht rechtfertigen, wird als willkürlicher Eingriff in das vorgesehene Regelungsprogramm des Gesetzgebers kritisiert. Die Rechtmäßigkeit eines Bescheides sollte sich an den Tatbestandsvoraussetzungen orientieren, nicht an wirtschaftlichen Überlegungen, so das Gericht.

Positive Prognose entscheidend

Der Sozialverein Verein Tacheles e.V. aus Wuppertal bewertet das Urteil wegweisend: “Die Übernahme von Mietschulden als Darlehen kämen in Betracht, wenn die Antragsteller die Differenz zwischen angemessener Miete und tatsächlicher Miete mit den Freibeträgen aus Erwerbstätigkeit decken könnten und die Prognose ergibt, dass die Freibeträge in Zukunft auch tatsächlich zu diesem Zweck verwendet würden. Allein ein durch den Umzug erforderlich werdender Schulwechsel der Kinder der Antragsteller könne jedoch die Übernahme von Mietschulden nicht rechtfertigen.”

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