Eine Behörde muss die Kosten für eine Untätigkeitsklage auch dann tragen, wenn sie als Grund für die Untätigkeit Überlastung (wegen zahlreicher Gerichtsverfahren) nennt. Dies gilt im konkreten Fall, wenn die Überlastung nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft ist und strukturelle Maßnahmen erforderlich sind, um zu entlasten. So entschied das Sozialgericht Hamburg (S7 AY 136/23 D).
Änderung der Zuständigkeiten
Vorausgegangen war eine Untätigkeitsklage gegen die entsprechende Behörde, da diese eine mit Schriftsatz übermittelte Entscheidung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Sechsmonatsfrist erledigt hatte.
Die Behörde führte einen zureichenden Grund für die überschrittene Frist ins Feld: Aufgrund geänderter Zuständigkeiten innerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg hätte es einen erhöhten Anfall an Arbeit gegeben. Hinzu gekommen sie die Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewesen. So hätte die Behörde zahlreiche Klageverfahren führen müssen.
Das Gericht führte aus, dass ihm diese Tatsachen bekannt seien, und schloss das Verfahren dennoch für die Klage erfolgreich ab. Denn, so schlossen die Richter, diese Überlast an Arbeit in der Behörde halte bis heute an. Deshalb sei sie nicht vorübergehend.
Es müssten also seitens der Behörde strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um diese Überlast in den Griff zu bekommen. Solange diese nicht greifen würden, müsste die Behörde die Verfahrenskosten tragen.
Untätigkeitsklage – Darum geht es dabei
Eine Untätigkeitsklage gehört zu den Verpflichtungsklagen. Sie besteht im Sozialrecht (§ 88 SGG) ebenso wie im Verwaltungsrecht (§ 75 VwGO). Im Sozialrecht, also auch bei Klagen gegen das Jobcenter, beträgt die Frist prinzipiell sechs Monate. Im Verwaltungsrecht können Sie eine Untätigkeitsklage in der Regel schon nach drei Monaten erheben.
Die Fristen können in Einzelfällen auch nach unten oder oben abweichen. Darauf berief sich in diesem Fall die Behörde und versuchte, die Untätigkeit als zumutbar darzustellen, da die Mitarbeiter überlastet gewesen seien. Dieser Auffassung schob das Gericht einen Riegel vor.
Eine Untätigkeitsklage entscheidet nicht über den gestellten Antrag
Leistungsberechtigte beim Bürgergeld haben manchmal falsche Vorstellungen über eine Untätigkeitsklage und denken, diese führe dazu, dass das Jobcenter einen gestellten Antrag zugunsten des Bürgergeld-Beziehers entscheidet.
Es geht jedoch bei einer Untätigkeitsklage nicht darum, ob eine Behörde einen Antrag bewilligt oder diesen ablehnt. Die Klage richtet sich vielmehr darauf, die Behörde zu verpflichten, einen gestellten Antrag schnell zu bearbeiten und eine Entscheidung darüber zu treffen.
Was sind die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage?
Eine Untätigkeitsklage ist gerechtfertigt, wenn Sie entweder einen Antrag gestellt oder einen Widerspruch erhoben haben, und die Behörde diesen „ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden“ hat.
In diesem Fall versuchte die Behörde, Arbeitsüberlastung als zureichenden Grund ins Spiel zu bringen. Das Sozialgericht Hamburg akzeptierte diese Argumentation nicht.
Erstens müssen Sie einen Antrag oder Widerspruch also überhaupt gestellt haben, und zweitens muss die Behörde in der angemessenen Frist nicht darüber entschieden haben. Ist beides der Fall, dann können Sie eine Untätigkeitsklage erheben.