Kinder unter 15 Jahren können auch dann Bürgergeld beanspruchen, wenn für ihre Eltern der Anspruch wegen unerlaubter Ortsabwesenheit zeitweise entfällt. Denn mit der unerlaubten Ortsabwesenheit stehe nicht die Bedarfsgemeinschaft infrage. So entschied das Sozialgericht Kiel. (S 33 AS 157/22)
Unerlaubte Ortsabwesenheit
Leistungsberechtigte beim Bürgergeld sind verpflichtet, daran mitzuwirken, in Erwerbsbeschäftigung zu kommen. Deshalb haben Sie, vergleichbar mit Arbeitnehmern, gegenüber dem Jobcenter zwar Anspruch auf Urlaub.
Außerhalb dieser Zeit müssen Sie sich jedoch in erreichbarer Nähe des Jobcenters aufhalten, und dies betrifft die Zeit ebenso wie den Ort. Ortsabwesenheit muss dem Jobcenter gemeldet werden, und dieses muss zustimmen.
Bei unerlaubter Ortsabwesenheit entfällt der Leistungsanspruch
Eltern, die mit ihren Kindern länger im Urlaub bleiben, als das Jobcenter zugestimmt hat, oder die ohne Zustimmung der Behörde mit ihren Kindern verreisen, sind unerlaubt ortsabwesend. Für die Zeit der unerlaubten Ortsabwesenheit zahlt das Jobcenter keine Leistungen aus.
Unerlaubte Ortsabwesenheit gilt nicht für die Kinder
Für die Kinder unter 15 Jahren, die mit in den Urlaub fahren, gilt die unerlaubte Ortsabwesenheit nicht. Denn bei ihnen entfällt der Grund für die Verpflichtung, vor Ort zu sein. Sie sind nämlich keine Leistungsberechtigten im erwerbsfähigen Alter, und sie haben keine Mitwirkungspflicht, um in Arbeit vermittelt zu werden.
Das gleiche gilt für Schüler, auch wenn diese älter als 15 Jahre sind. Durch ihre Schulpflicht sind diese ebenfalls nicht in Erwerbsbeschäftigung vermittelbar.
Ortsabwesenheit zu lange ausgedehnt
Die betroffene alleinerziehende Mutter lebt in Kiel, ist aber nicht in Deutschland geboren. Sie hielt sich mit Zustimmung des Jobcenters in ihrem Herkunftsland auf, zusammen mit ihrem vierjährigen Sohn.
Sie überzog allerdings den Zeitraum, für den das Jobcenter die Ortsabwesenheit genehmigt hatte. In der Konsequenz strich das Jobcenter für die entsprechende Zeit den Leistungsanspruch für sie – und für ihr Kind.
Jobcenter streicht Leistung für die gesamte Bedarfsgemeinschaft
Das Jobcenter begründete das Ausschließen der Leistung für Mutter und Sohn damit, dass das Kind nur als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter die Leistung erhalte, aber keinen eigenen Leistungsanspruch haben könne, da er noch keine 15 Jahre alt sei. Wenn die Mutter von Leistungen ausgeschlossen sei, entfielen die Leistungen folglich auch für den Sohn.
Sozialgericht weist Jobcenter in die Schranken
Das Sozialgericht Kiel wies das Jobcenter in die Schranken und erklärte das Aussetzen der Leistung für den Sohn für klar rechtswidrig. Denn durch die unerlaubte Ortsabwesenheit der Mutter sei deren Leistungsberechtigung nicht dem Grunde nach entfallen.
Entfallen sei lediglich ihr Anspruch auf Auszahlungen der Leistungen für die Tage ihrer unerlaubten Ortsabwesenheit. Damit sei jedoch doch die Bedarfsgemeinschaft mit dem Sohn nicht aufgehoben, und für diesen bleibe der Leistungsanspruch bestehen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sondern anhängig beim Landessozialgericht Schleswig-Holstein.
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