Ein Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II wegen der Pandemie bleibt laut der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Einzelfallentscheidung. In dem vorliegenden Fall wurde kein Mehrbedarf wegen Strompreiserhöhungen und medizinischer Masken anerkannt (LSG NRW, AZ: L 19 AS 1015/24).
Kurzbegründung des 19. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen
Der Mehrbedarf für medizinische Masken kann ein besonderer Bedarf im Einzelfall i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II sein (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2024 – B 7 AS 17/23 R), hier aber verneinend.
Das der Kläger sich auf einen im Einzelfall unabweisbaren Bedarf beruft, ist seinem Vortrag zum einen nicht zu entnehmen (so auch LSG NRW Urteil vom 24.05.2024 – L 6 AS 725/22 – für den vorherigen Bewilligungszeitraum), insbesondere ist sein Verweis auf seine Eigenart als Brillenträger nicht nachvollziehbar vom Gericht.
Die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II für Oktober 2022 wegen einer Strompreiserhöhung liegen nicht vor, denn der Kläger hat sogar ein Strom-Guthaben erhalten
Die Härtefallklausel des § 21 Abs. 6 SGB II dient dazu, Bedarfe zu erfassen, die aufgrund ihres individuellen Charakters bei der pauschalierenden Regelbedarfsbemessung der Art oder der Höhe nach nicht erfasst werden können (vgl. BT-Drucks 17/1465, S. 8).
Sie hat nicht die Funktion, eine (vermeintlich oder tatsächlich) unzureichende Höhe des Regelbedarfs auszugleichen. Die Kosten für Strom sind im Regelsatz 2022 mit einem Anteil von 38,05 € enthalten. Zudem wird dem Kläger ein Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung i.H.v. 10,33 € bereits gewährt.
Besondere Sachlage, die die Erhöhung der Stromkosten unvermeidbar gemacht hätte, liegt hier nicht vor
Mithin sind die über diesen Anteil hinausgehende Stromkosten grundsätzlich von den Leistungsberechtigten selbst zu tragen. Dass für den Kläger eine besondere Sachlage vorgelegen hat, die die Erhöhung der Stromkosten unvermeidbar gemacht hat, ist weder vorgetragen noch aus den vorgelegten Stromabrechnungen ersichtlich.
Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.
Bescheid prüfenVielmehr hat der Kläger seine Stromkosten durch das Entfallen der EEG-Umlage, der von ihm mit seinem Versorger vereinbarten Tarife sowie durch seinen zum 01.10.2022 vollzogenen Anbieterwechsel weitgehend stabil gehalten und sogar ein Guthaben erzielen können.
Fazit
Der Härtefall-Mehrbedarf wegen der Corona-Pandemie bleibt eine Einzelfallentscheidung.
Anmerkung des Sozialrechtsexperten Detlef Brock:
Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Übernahme weiterer Stromkosten besteht nicht. Diese sind in dem pauschalierten Regelbedarf nach § 20 SGB II bereits enthalten.
Über diesen Anteil hinausgehende Stromkosten sind daher von den Leistungsempfängern grundsätzlich selbst zu tragen.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn die erhöhten Stromkosten aufgrund der besonderen Sachlage unvermeidbar sind, zum Beispiel krankheitsbedingt erhöhte Aufwendungen.
In einem solchen Fall kann – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – gemäß § 21 Abs. 6 SGB II ein Mehrbedarf für den Stromverbrauch in Betracht kommen (LSG NRW, L 6 AS 1651/17, Revision zugelassen).
Auch ein Mehrbedarf des Jobcenters, zum Beispiel für einen erhöhten Stromverbrauch, gehört zum Existenzminimum.



