Bürgergeld: Mehrbedarf für Alleinerziehende wird erweitert

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Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende nach dem Sozialgesetzbuch II gilt auch dann, wenn zwar beide Ehepartner mit den Kindern in einem Haushalt leben, der Partner aber schwerstbehindert ist. Das entschied das Sozialgericht Ulm (S 8 AS 3142/09).

Der Mehrbedarf für Alleinerziehende

Beim Bürgergeld haben alleinerziehende Elternteile, die sich allein um die Pflege und Erziehung eines oder mehrerer ihrer minderjährigen Kinder kümmern, einen Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende. Dieser wird zusätzlich zum Regelsatz des Bürgergeldes gezahlt.

Einen Mehrbedarf für Alleinerziehende gewährt das Jobcenter in der Regel dann, wenn ein Elternteil allein mit den minderjährigen Kindern in einem Haushalt lebt, nicht aber, wenn die Kinder mit beiden Eltern zusammen wohnen.

Der Partner leidet an einer unheilbaren Nervenkrankheit

In einem konkreten Fall, den das Sozialgericht Ulm verhandelte, erhielt die Mutter jedoch den Anspruch auf diesen Mehrbedarf zugesprochen, obwohl der Ehemann im gleichen Haushalt wohnte. Dieser leidet an einer unheilbaren Nervenkrankheit, welche eine fortschreitende Muskelschwäche auslöst.

Der Ehemann ist vom Hals abwärts gelähmt, sitzt im Rollstuhl, kann kaum den Kopf halten, und wegen einer Schluckstörung wird er über eine Sonde ernährt. Er benötigt zudem 16 Stunden am Tag eine Atemmaske.

Die Ehefrau begehrt Mehrbedarf für Alleinerziehende

Die Frau beantragte, ihren zuvor bestehenden Mehrbedarf für Alleinerziehende weiter zu bekommen, doch das Jobcenter lehnte dies ab, mit der Begründung, dass sie mit ihrem Ehemann zusammen lebe, und die vorherige Gewährung ein Fehler sei.

Das Sozialgericht stimmt der Frau zu

Die Betroffene klagte vor dem Sozialgericht, und dieses stimmte ihr zu. Sie habe einen Anspruch auf den gewährten Mehrbedarf. Es käme nicht darauf an, mit wem sie zusammen wohne oder ob sie rechtlich alleinerziehend sei.

Entscheidend sei vielmehr, ob sie praktisch allein für die Pflege und Erziehung der mit ihr lebenden Kinder verantwortlich sei. In ihrem Fall müsste sie den Alltag mit ihren Kindern allein bewältigen, ohne dass ihr Mann sie dabei unterstützen könnte.

Mindestens so viele Einschränkungen wie Mütter, die mit ihren Kindern allein leben

Stattdessen müsse sie zusätzlich ihren Ehemann konstant versorgen. Sie hätte mindestens die gleichen Einschränkungen wie Alleinerziehende, die mit ihren Kindern allein leben. Deshalb steht ihr auch der Mehrbedarf zu.

Was folgt aus dem Urteil?

Das Sozialgericht Ulm hat wichtige Fragen geklärt: Es geht bei dem zugestandenen Mehrbedarf für Alleinerziehende nicht um Formalien, sondern um die alltäglichen Anforderungen. Der Mehrbedarf wird gezahlt, weil Leistungsbezieher ihn tatsächlich haben.

Das Sozialgericht hat sich hier erfreulich lebensnah gezeigt. Auch juristischen Laien ist klar ersichtlich, dass ein Ehemann, der selbst wegen schwerster Einschränkungen Vollzeitpflege benötigt, sich nicht aktiv an der praktischen Kindererziehung beteiligen kann, also Essen kochen, die Kinder zur Schule bringen, für sie einkaufen gehen oder ihre Kleidung waschen.

Die Mutter ist nicht nur alleinerziehend, sondern zusätzlich in die Pflege des Ehemannes eingebunden und somit doppelt belastet. Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende ist in diesem Fall das Mindeste, das ihr zusteht.