Bürgergeld: Jobcenter müssen bei Mietschulden einspringen

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Das Bundessozialgericht urteilte, dass Jobcenter die Mietschulden in Form eines Darlehens zahlen müssen, Eine drohende Wohnungslosigkeit ist dabei nicht zwingend erforderlich. Zudem ist ein förmlicher Antrag nicht notwendig, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 7/14 AS 52/21 R).

Eine Info, dass eine Wohnungskündigung droht, reicht danach aus. Auch geht der Anspruch auf ein Darlehen vom Jobcenter nicht automatisch verloren, wenn Bekannte privat aushelfen.

Geklagt hatte eine alleinstehende Leistungsbezieherin aus Bremen. Sie hatte bis Ende Januar und dann wieder ab Juni 2015 Arbeitslosengeld-II-Leistungen erhalten. In den vier Monaten dazwischen blieb sie ihre Mietzahlungen in Höhe von monatlich 355 Euro warm schuldig. Als der Vermieter im August 2015 mit einer Kündigung drohte, informierte sie darüber das Jobcenter.

Jobcenter lehnte Darlehen für Mietschulden ab

Ein Darlehen über 1.420 Euro zur Deckung der vier Monatsmieten beantragte die Klägerin allerdings erst Ende September 2015.

Noch ehe das Jobcenter über den Darlehensantrag entschieden hatte, flatterte die Wohnungskündigung ins Haus. Da sprang eine Bekannte ein, und mit einem Privatdarlehen von ihr konnte sie ihre Mietschulden bezahlen. Daraufhin nahm der Vermieter seine Kündigung zurück.

Auch das Jobcenter freute sich über das private Engagement der Bekannten und lehnte den Antrag auf ein Darlehen ab. Die Miete sei ja bezahlt, Wohnungslosigkeit drohe nicht mehr.

Drohende Wohnungslosigkeit kein Muss für Jobcenter-Darlehen bei Mietschulden

Wie nun das BSG entschied, ist drohende Wohnungslosigkeit aber keine zwingende Voraussetzung für ein Mietdarlehen.

Entscheidend komme es darauf nur für eine einstweilige Anordnung im Eilverfahren an. Grundsätzlich könne dein Darlehensanspruch aber auch dann bestehen, wenn die Wohnungskündigung durch private Hilfe abgewendet wurde.

Voraussetzung ist danach, dass das Jobcenter von der Notlage wusste und noch vor der Auszahlung des privaten Darlehens über ein Jobcenter-Darlehen hätte entscheiden können.

Im Wortlaut heißt es in dem Urteil:

“Die Übernahme von Schulden bei Dritten setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens Mietschulden vom Jobcenter zu übernehmen gewesen wären. Gemäß § 22 Abs 8 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.”

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Den Einwand, zwischen Darlehensantrag und Mietkündigung sei hierfür nicht genug Zeit gewesen, ließen die Kasseler Richter nicht gelten. Ein solcher formeller Antrag sei für das Darlehen nicht erforderlich.

Hier habe das Jobcenter bereits im August 2015 erfahren, dass eine Kündigung durch den Vermieter droht. Bereits danach habe die Behörde tätig werden und ein Darlehen prüfen müssen.

In der Vorinstanz hatte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen die Klage der Hartz-IV-Empfängerin abgewiesen. Nach den Maßgaben des BSG soll es nun neu über den Streit entscheiden.

Vorhandenes Vermögen muss zunächst bei Mietschulden eingesetzt werden

Um ein Mietdarlehen zu vermeiden, müssen Hartz-IV-Empfänger nach einem BSG-Urteil aus 2010 allerdings vorhandenes Vermögen einsetzen, auch wenn es wegen des Vermögens-Grundfreibetrags von derzeit mindestens 3.100 Euro bei den regulären Leistungen anrechnungsfrei bleibt (Urteil vom 17. Juni 2010, Az.: B 14 AS 58/2009).

Gleiches galt nach diesem alten Urteil auch für den sogenannten Anschaffungsfreibetrag von 750 Euro je Person. Dies ist Geld, das sich Bürgergeld-Bezieher für größere Anschaffung zurücklegen können, etwa um kaputte Haushaltsgeräte zu ersetzen.

In der mündlichen Verhandlung deutete der Senat an, davon abrücken zu wollen. In der mündlichen Urteilsverkündung gab es dazu allerdings noch keine Aussagen. mwo