Bürgergeld: Jobcenter treibt Mutter mit 4 Kindern nach Schicksalsschlag in die Obdachlosigkeit

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Frau N ist verheiratet, hat drei Kinder und das Leben stimmt. Dann schlägt das Schicksal zu. Ihr Mann stirbt und sie steht mit den Kindern alleine da. Es ist schrecklich und sie läuft weg. Ins Ausland. Mit den Kindern. Es scheint sich alles wieder zu beruhigen.

Sie fängt von Vorne an, und schließlich erweitert sich die kleine Familie wieder um ein Kind. Aber, es soll nicht sein, und Frau N steht wieder allein da. Diesmal mit vier Kindern. So war das nun wirklich nicht geplant.

Frau N kommt zurück nach Deutschland. Eine Wohnung ist nicht zu finden, also findet sie bei den Eltern Unterschlupf, um nicht mit den Kindern auf der Straße zu sitzen. Die Eltern sind nun wahrlich nicht mehr die Jüngsten. Der Vater ist inzwischen schwerst pflegebedürftig und braucht eines der drei Zimmer für sich allein.

Und so leben Oma, Mutter und vier Kinder auf den verbliebenen 48 qm. Ein Jahr lang. Wie das ausgeht, kann man sich vorstellen. Es ist eine Katastrophe.

Frau N findet eine Wohnung, aber die ist zu teuer. Das Jobcenter lehnt ab. Etwas später findet sie eine andere Bleibe. In einem inaktiven Gasthof ist der erste Stock zu vermieten.

Mit vier Kindern auf 48 qm bei Oma

Es ist nicht toll, aber es geht auf 48 qm bei Oma einfach nicht so weiter. Sie zieht im November ein. Die neuen Nachbarn helfen ihr noch, weil sie ganz allein Karton um Karton in die Gastwirtschaft bringt. Möbel hat sie kaum. In der Wohnung der Eltern war eh kein Platz dafür und aus Zeiten der Ehe sind keine Möbel mehr übrig. Sie baut aus Kartons kleine Schränke und streicht die Wohnung. Es muss gehen. Irgendwie.

Das Jobcenter stellt sich quer. Die Wohnung ist 13 € zu teuer. Die junge Mutter nimmt die Sache nun in die Hand und kämpft. Sie wendet sich im Januar, mit einem Eilverfahren ans Gericht, als die Miete vom Jobcenter ausbleibt. Irgendwo muss sie bleiben.

Das Gericht tut sich schwer. Wer sagt, denn dann die junge Mutter da wirklich wohnt? So ganz ohne alles? Das Jobcenter macht den Anlauf eines Hausbesuches. Morgens gegen 7 Uhr, wenn vier Kinder für Schule Kindergarten und Co. fertig gemacht werden müssen und Mittags, wenn alle Kinder wieder abgeholt werden müssen.

Die junge Mutter kann deswegen nicht an die Tür. Das Jobcenter schließt daraus Messerscharf: Da wohnt niemand. Das Jobcenter findet mal wieder den Briefkasten nicht und ist überzeugt: Die Familie wohnt bei der Oma. Freiwillig. Auf 48 qm. Ganz sicher.

Das Gericht findet das auch und so bekommt die junge Mutter erst Leistungen, als sie im Februar die Tür für einen Hausbesuch öffnet. Das Jobcenter findet Schlafgelegenheiten und Pizzakartons. Klaro, eine Erstausstattung und auch eine Küche fehlen ja noch. Wie soll man da kochen?

Sie bekommt also die Wohnung ab Februar bezahlt. Über die 13 €, die die Wohnung zu teuer ist, sieht das Gericht hinweg. Auch diese sind zu übernehmen.

Aber was ist mit der Miete der Vormonate? Und das Darlehen für die Mietkaution? Und die Erstausstattung?

Eilverfahren gelingt, aber nicht für die Vergangenheit

Die Miete für Januar hätte im Eilverfahren um die Mietkosten auch gewährt werden müssen. Ein Eilverfahren gilt immer ab jetzt und kann keine Leistungen für die Vergangenheit beschaffen. Die junge Frau kämpfte seit Januar für die Miete. Aber, das Gericht meinte, die junge Frau wohnt erst seit Februar in der Wohnung. Es gibt erstmal keine Miete für Januar und davor, sondern erst ab Februar.

Die Miete für November und Dezember? Nein, das muss in einem Normalverfahren geklärt werden. Das dauert dann eben zwei Jahre. Wie bis dahin die Mietschulden zu zahlen sind, ist das Problem der jungen Mutter.

Inzwischen hat die Vermieterin die Faxen dicke und kündigt der Familie wegen Mietschulden die Wohnung. Es fehlen ja die Mieten für November, Dezember und Januar. Die Mietkaution fehlt auch.

Eine Räumungsklage macht die Vermieterin aber nicht. Das ist ihr zu aufwändig und zu teuer. Sie versucht lieber das Gasthaus zu verkaufen.

Ein Darlehen für die Mietkaution? Nein, findet das Gericht. Man muss das beantragen, bevor man einzieht (etliche andere Jobcenter finden das nicht und zahlen auch etwas später noch problemlos!) und überhaupt, wer sagt denn, dass die junge Frau da in der Wohnung bleiben kann? Sie hat ja schließlich Mietschulden und eine Kündigung.

Ein Darlehen für die Mietschulden? Naja, mal sehen. Aber eigentlich auch nicht. Schließlich behauptet das Jobcenter, dass die junge Frau da nicht wohnt. Ohne Möbel ist das ja auch eher unwahrscheinlich. (Dass da keine Möbel sind, weil die Erstausstattung verweigert wird, wird ignoriert) Die neuen Nachbarn bestätigen zwar, ab wann die junge Mutter dort wohnte. Aber das wird ignoriert. Schließlich sagt das Jobcenter etwas anderes und das wird ja wohl nicht lügen?

Und überhaupt bestätigt die Vermieterin ja auch gar nicht, dass die junge Frau da bleiben kann, wenn die Schulden gezahlt werden. Wie soll sie das auch bestätigen? Sie hat gekündigt. Dass es eine Regelung im BGB gibt, dass eine Kündigung wegen Mietschulden sich in Wohlgefallen auflöst, wenn gezahlt wird, ist für das Gericht nun nicht so interessant, solange die Vermieterin keine Bestätigung ausstellt.

Erstausstattung verweigert

Eine Erstausstattung? Tja…die hätte die junge Mutter bitte viel früher beantragen müssen. Wer sich so lange ohne Möbel quält, braucht auch keine Möbel. Wer keine Möbel hat, wohnt da nicht. So die Logik von Jobcenter und leider wohl auch des Gerichts.

Auch das Landessozialgericht kann in der Lage nicht helfen. Zum einen kann sich irgendwie niemand vorstellen, dass die junge Mutter mit den Kindern in einer mehr oder weniger leeren Wohnung lebt. Einfach, weil sie es muss. Alle halten es für völlig logisch, dass die Familie freiwillig mit Oma auf 48 qm wohnt, obwohl eine eigene Wohnung besteht. Zum anderen kann ja bei dieser Zerstückelung der einzelnen Kosten keiner mehr überblicken, ob zum Schluss alle Kosten zusammenkommen und die Vermieterin zufrieden ist und die Familie bleiben lässt.

Das Jobcenter setzt dem Ganzen noch die Krone auf und schlägt vor, die Mutter soll mit den Kindern doch einfach wieder zu Oma ziehen. Die Oma allerdings ist fix und fertig und wird die Familie nicht wieder aufnehmen.

Für das Jobcenter wäre das toll: Keine Kosten für die Wohnung mehr zahlen. Oma macht das schon. Was das Jobcenter vergisst: Wer zu Oma zurückziehen soll, wohnt wohl in seiner eigenen Wohnung, oder?

Mutter mit 4 Kindern wird jetzt obdachlos

Im Ergebnis wird nun also die junge Mutter mit den Kindern wegen der Wohnungskündigung obdachlos werden. Das Jobcenter freut sich. Der Steuerzahler eher nicht, denn der darf bei Umzug alle Kosten übernehmen.

Das Jobcenter hat dann also 3 mal Miete gespart, darf dafür aber unter Umständen die vollständige Renovierung einer anderen Wohnung bezahlen, den Umzugswagen für die Kartons, Umzugshelfer.

Und eines ist sicher: Im nächsten Anlauf wird der Antrag auf Erstausstattung und auch auf das Mietkautionsdarlehen schneller gestellt, als das Jobcenter sich die Nase wischen kann. Findet sich keine Wohnung, wird eine sehr teure Obdachlosenunterkunft vom Steuerzahler gezahlt werden müssen. Ob da nicht die Gewährung eines Darlehens billiger gewesen wäre?

Noch bleibt die junge Mutter, wo sie ist. Die Frage ist aber: Wie lange noch?