Bürgergeld: Jobcenter muss Tilgungsraten bei Wohneigentum nur dann zahlen

Keine Berücksichtigung der Tilgungsleistungen für das selbst bewohnte Eigenheim bei nur zu ca. 24 % Tilgung der Hauskredite nach 10 Jahren. Das gibt aktuell das Landessozialgericht ( LSG ) Hamburg mit Urteil vom 10.07.2025 – L 4 AS 300/22 D – bekannt. Dabei nimmt das Gericht Bezug auf das Urteil des 4. Senats vom 10.06.2016 Az. L 4 AS 159/13.

Der 4. Senat des LSG Hamburg folgt der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Übernahme von Tilgungsraten bei Wohneigentum.

1. Zu den Unterkunftskosten für selbstgenutzte Hausgrundstücke zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch findet insoweit entsprechende Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 19.9.2008, B14 AS 54/07 R), als er Anhaltspunkte dafür liefert, welche Kosten im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 24.2.2011, B 14 AS 61/10 R).

2. Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen können. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den ihm SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses „Wohnen” nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Schulden sind nicht bereits weitgehend abbezahlt

Der Gesichtspunkt der Vermögensbildung betrifft die Tilgungsleistungen in voller Höhe, obwohl auch der geschiedene Ehemann Eigentümer der Immobilie ist. Denn die Klägerin profitiert von jeglicher Tilgung durch Erwerb lastenfreien Eigentums.

Berücksichtigung einer zwischen getrennt lebenden Ehegatten für die alleinige Nutzung von Gemeinschaftseigentum vereinbarten Nutzungsentschädigung

Unerheblich ist auch, dass die tatsächlichen Zahlungen der Klägerin wirtschaftlich als Nutzungsentschädigung gegenüber dem geschiedenen Ehemann betrachtet werden könnten (vgl. BSG, Urt. vom 19.8.2015, B 14 AS 13/14 R). Dies ändert nichts daran, dass die Klägerin im Verhältnis zu den Darlehensgebern auf eine eigene Schuld bezüglich der aufgenommenen Darlehen für den gemeinsamen Hauskauf leistet, für welche sie als Gesamtschuldnerin nach § 421 BGB haftet.

Hinweis des Gerichts: Mieter und Eigentümer sind gleich zu behandeln bei den Unterkunftskosten

Das heißt aber nach der Auffassung des Gerichts nicht, dass Tilgungsleistungen eines Wohnungseigentümers als Kosten der Unterkunft jedenfalls so weit anzuerkennen seien, wie sie der Höhe nach auch im Verhältnis zu vergleichbarem Mietwohnraum angemessen wären.

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Der Unterschied besteht darin, dass der letztendliche Empfänger der Tilgung, d.h. des Kapitalrückflusses und der Rendite, ein anderer ist.

Im Falle einer Mietwohnung ist es der Vermieter und im Falle eines selbst bewohnten Eigenheimes ist es der Eigenheimbesitzer selbst, dem gegenüber nicht nur der Aspekt des Schutzes des Wohneigentums zu erwägen ist, sondern auch der Grundsatz einer Beschränkung der Leistungen des SGB II auf die aktuelle Existenzsicherung, wie sie eben in dem Grundsatz des Verbots der Vermögensbildung durch Grundsicherung Ausdruck findet.

Das vom Bundessozialgericht zu recht beschriebene Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des Wohnungseigentums einerseits und der aktuellen Existenzsicherung andererseits wird durch solche Überlegungen nicht aufgehoben.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

1. Völlig richtige Entscheidung, auch wenn für die Leistungsempfänger nicht erfreulich.

2. Tilgungsleistungen sind in Ausnahmefällen als Kosten der Unterkunft vom Jobcenter zu berücksichtigen, so hat einen Ausnahmefall das LSG Sachsen angenommen, wenn der Empfänger von Bürgergeld- Leistungen bereits 93 % der Kaufpreissumme seines Wohnhauses getilgt hatte ( Az. L 7 AS 734/18 B ER ).

3. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG, dass monatliche Tilgungsleistungen für eine selbst bewohnte, dem Vermögensschutz nach § 12 SGB II unterfallende Immobilie nicht zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gehören, für die Leistungen zu erbringen sind.

4. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses “Wohnen” nur in besonderen Fällen zugelassen worden, in denen es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen war ( vgl. aktuell BSG, Urt. v. 17.07.2024 – B 7 AS 7/23 R – ).