Der § 72 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB Il) geht von einer monatlichen Leistung in Höhe von 25,- € aus. Wohl möglich könnten hier tausende Bürgergeld Bescheide rechtswidrig sein. Denn die Jobcenter vertreten die Auffassung, dass eine anteilige Kürzung im Monat der Geburt zulässig sei, doch diese Rechtsauffassung ist schlicht rechtswidrig.
Mit wegweisendem Urteil gibt die 5. Kammer des Sozialgerichts Augsburg ( Urteil vom 24.11.2025 – S 5 AS 726/25 – unveröffentlicht) bekannt, dass der Sofortzuschlag als monatliche Leistung ausgestaltet ist und dem betroffenen Kind auch im Monat der Geburt in voller Höhe von 25,00 € vom Jobcenter zu gewähren ist.
Das Jobcenter irrt, wenn es meint, im Monat der Geburt ist der Sofortzuschlag anteilig zu kürzen
Nach Auffassung des Sozialgerichts Augsburg und auch nach der Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Daniel Zeeb (Augsburg) ist der Sofortzuschlag als monatliche Leistung ausgestaltet und steht daher dem betroffenen Kind auch im Monat der Geburt in voller Höhe von 25,00 € und nicht nur zeitanteilig gekürzt zu.
Die Berechnungsregel des § 41 Abs. 1 SGB II findet auf den Anspruch auf Sofortzuschlag nach § 72 SGB II gerade – keine Anwendung – , so die 5. Kammer des SG Augsburg.
Kurzbegründung des Gerichts
Gemäß § 72 Abs. 1 Abs. 1 SGB Il haben Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Anspruch auf Bürgergeld haben, dem ein Regelbedarf nach den Regelbedarfsstufen 3, 4, 5 oder 6 zu Grunde liegt, zusätzlich Anspruch auf einen monatlichen Sofortzuschlag in Höhe von 25,- €. Gemäß Satz 2 der Regelung gilt Satz 1 auch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die
1. nur einen Anspruch auf eine Bildungs- und Teilhabeleistung haben oder
2. nur deshalb keinen Anspruch auf Bürgergeld haben, weil im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit Kindergeld berücksichtigt wurde (§ 11 Absatz 1 Satz 5).
Der Sofortzuschlag ist als monatliche Leistung ausgestaltet
Denn entgegen der Rechtsansicht des Jobcenters findet die Berechnungsregel des § 41 Abs. 1 SGB II auf den Anspruch auf Sofortzuschlag nach 8 72 SGB Il zur Überzeugung des Gerichts keine Anwendung. § 41 Abs 1 Satz 1 SGB Il bestimmt, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Kalendertag besteht.
Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet, § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB Il. Gemäß Satz 3 der Regelung wird, wenn die Leistungen nicht für einen vollen Monat zustehen, die Leistung anteilig erbracht.
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Bescheid prüfenEs handelt sich beim Sofortzuschlag nach § 72 SGB II nicht um eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne einer Leistung, die zur Deckung eines konkreten Bedarfs erbracht werden soll.
Denn entgegen der Ansicht des Jobcenters lässt sich eine derartige Zweckbestimmung nicht aus der Gesetzesbegründung herleiten, vielmehr wird dort ausdrücklich zur Regelung des § 72 SGB Il ausgeführt (vgl. BT. Drs. 20/1411, S. 16f), dass es sich um eine zusätzliche Leistung handle, die nicht der Deckung eines konkreten Bedarfs diene.
Es wird weiter betont, dass die zum Existenzminimum gehörenden Bedarfe bereits durch die derzeit geltenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt seien. Bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung solle der Sofortzuschlag die erforderlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um einen zusätzlichen Betrag, der unabhängig von der geltenden Höhe der Regelbedarfe oder anderer Bedarfe erbracht werde, ergänzen (BT Drs. 20/1411, S. 17 1. Absatz).
Monatlicher Anspruch
Die Bestimmung eines monatlichen Anspruchs steht gerade im Gegensatz zur Regelung des kalendertäglichen Anspruchs der Leistungen, die zur konkreten Bedarfsdeckung erbracht werden gemäß § 41 Abs.1 Satz 1 SGB Il.
Eine lediglich anteilige Gewährung des Sofortzuschlags ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung mit dem Zweck der Leistung, einen zusätzlichen Betrag, unabhängig von der Höhe der Regelbedarfe oder konkreter Bedarfe zur Deckung des Lebensunterhalts, als pauschale Leistung zu gewähren, nicht in Einklang zu bringen.
Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock
Eine wegweisende Entscheidung zum Sofortzuschlag für Kinder, welche es vom Jobcenter umzusetzen gilt.
Wahrscheinlich sind somit tausende Bürgergeld Bescheide rechtswidrig. Bürgergeld Familien rate ich zur Durchsicht ihrer ALG 2 Bescheide, wenn sie von dieser Regelung betroffen sind und zur Gegenwehr.
Auslegung dieser Rechtsprechung mit Beispiel:
§ 72 SGB Il geht von einer monatlichen Leistung in Höhe von 25,- € aus.
Wenn das Kind zum Beispiel am 30.03.2025 geboren wurde, steht dem Kind als neues Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein Sofortzuschlag in Höhe von 25 € zu und nicht nur anteilig – in Höhe 1,67 € für den Zeitraum 30.03.2025 bis 31.03.2025, so aber die rechtswidrige Meinung des Jobcenters.



