Bürgergeld: Hartes Signal vom Gericht – Kein Bürgergeld bei Verlustgeschäft

Klarstellung des LSG Nordrhein-Westfalen: Ein Antragsteller hat keinen Anspruch auf Bürgergeld, wenn er seine Hilfebedürftigkeit nicht mit aller Wahrscheinlichkeit nachweist (§ 9 SGB II). Gleiches gilt, wenn das auf den Hilfebedarf anzurechnende Einkommen nach § 9 Abs. 1, § 11 SGB II gerichtlich nicht feststellbar ist.

Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nicht feststellbar – Pflicht zu getrennten Einkommensnachweisen bei mehreren selbstständigen Tätigkeiten

Der Antragsteller hätte seine Betriebsausgaben den jeweiligen Betriebseinnahmen aus seinen drei Tätigkeiten – Flugticketverkauf, Schreibbüro und Hausverwaltung – eindeutig zuordnen müssen. Das ist erforderlich, weil es im SGB II keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren selbstständigen Tätigkeiten gibt (kein horizontaler Verlustausgleich).

So wird dem Nachranggrundsatz der Einkommensanrechnung Rechnung getragen.

Einkommen soll vorrangig den Lebensunterhalt sichern. Es gilt zu verhindern, dass mit öffentlichen Mitteln eine Einkommensart mit überwiegenden Verlusten aufrechterhalten wird; eine unwirtschaftliche Tätigkeit ist zu beenden.

Wird eine verlustreiche Tätigkeit trotzdem fortgeführt, soll sie nicht mittelbar über den Abzug der Verluste von den Einnahmen einer anderen Einkommensart finanziert werden.

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Die Beendigung einer verlustbringenden Tätigkeit wird auch dann erwartet, wenn innerhalb derselben Einkommensart mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2016 – B 4 AS 17/15 R).

Sowohl das Jobcenter als auch im gerichtlichen Verfahren wurde der Kläger mehrfach aufgefordert, getrennte EKS für seine selbstständigen Tätigkeiten (Schreibbüro, Flugticketverkauf, Immobilienverwaltung) vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Kläger nicht nachgekommen. Eine Ermittlung des anrechenbaren Einkommens ist dem Senat daher nicht möglich.

Hinweis des Gerichts: Mitwirkungspflichten bei der Beantragung von Bürgergeld

Nur der Kläger ist in der Lage, die erforderlichen Angaben zu machen. Weigert sich der Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, geht dies zu seinen Lasten, wenn seine Bedürftigkeit – und damit seine Leistungsberechtigung – nicht festgestellt werden kann.

Ist nicht feststellbar, dass oder in welcher Höhe der Bedarf durch Einkommen gedeckt ist, bleiben die Angaben zum Einkommen unvollständig. Hat der Antragsteller damit nicht in erforderlicher Weise an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt, sind Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit nicht zu bewilligen.

Fazit:

1. Das SGB II lässt bei der Berechnung des für die Leistungsgewährung maßgeblichen Einkommens aus mehreren selbstständigen Tätigkeiten oder Gewerbebetrieben keinen horizontalen Verlustausgleich zu (BSG vom 17.02.2016 – B 4 AS 17/15 R).
2. Die objektive Beweislast für das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit liegt beim Antragsteller (vgl. etwa BSG vom 29.11.2022 – B 4 AS 64/21 R).