Bundessozialgericht schützt nicht automatisch vor Urteil

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BSG: Nur die klagende Partei kann Anerkenntnisurteil beantragen

In einem Streit vor dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel bewahrt ein Anerkenntnis nicht automatisch vor einem begründeten Urteil. Denn in der Revisionsinstanz kann nur die Klägerseite ein sogenanntes Anerkenntnisurteil beantragen, wie das BSG am 9. April 2019 in einem Streit um eine Krankenhausrechnung entschied (Az.: B 1 KR 3/18 R). Dies ist auf andere Streitigkeiten, etwa um eine Rente oder Hartz-IV-Leistungen, übertragbar.

Im Streitfall geht es um die Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts; das ist eine Verbindung zwischen Gehirn und Bauchraum, über die überflüssige Hirnflüssigkeit abgeleitet werden kann. Der Patient war bei einer Betriebskrankenkasse (BKK) versichert, die Klinik stellte dieser knapp 12.500 Euro in Rechnung. Der BKK kamen die dabei berücksichtigten Nebendiagnosen unschlüssig vor. Sie bezahlte die Rechnung, beauftragte aber den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Prüfung. Auf dieser Grundlage forderte die Kasse dann 4.655 Euro zurück.

Auf Klage der BKK beauftragte das Sozialgericht Kassel einen Gutachter und gab danach der Klinik recht. Zwar seien die abgerechneten Nebendiagnosen tatsächlich falsch gewesen. Eine richtige Abrechnung hätte aber zur selben Fallpauschale geführt, und der Rechnungsbetrag wäre daher der Gleiche geblieben.

Vor dem Hessischen Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt stellte die Krankenkasse daraufhin ihre Klage um. Sie verlangte nun nur noch, die Klinik müsse für sämtliche ihr durch den Streit entstandenen Kosten aufkommen.

Erst vor dem BSG erkannte das Krankenhaus die entsprechenden Ansprüche der Krankenkasse an. Diese wollte von dem Anerkenntnis aber nichts wiesen. Stattdessen beharrte die Kasse auf einem begründeten Urteil des BSG – das dann als Richtschnur auch für künftige vergleichbare Fälle herangezogen werden kann.

Dem kam das BSG nun nach. „Der Senat ist durch das Anerkenntnis der Beklagten nicht an einer Entscheidung durch begründetes Sachurteil gehindert”, erklärten die Kasseler Richter. Zur Begründung verwiesen sie auf einen Paragrafen der Zivilprozessordnung. Danach ergeht ein Anerkenntnisurteil „nur auf gesonderten Antrag des Klägers”. Hier habe die Klinik zwar ein Anerkenntnis abgegeben. Klägerin sei aber die Krankenkasse; diese habe ein Anerkenntnisurteil nicht beantragt.

Die betreffende Vorschrift war zum Jahresbeginn 2014 in die Zivilprozessordnung eingeführt worden. Das BSG entschied, dass sie durch einen allgemeinen Verweis im Sozialgerichtsgesetz auch bei sozialrechtlichen Streitigkeiten anwendbar ist. Ziel der Vorschrift ist es, dass die beklagte Partei in einem einmal in oberster Instanz gelandeten Streit nicht mehr einseitig ein höchstrichterliches Urteil verhindern können soll. Vor den Sozialgerichten und Landessozialgerichten führt ein Anerkenntnis auch der beklagten Partei dagegen weiterhin dazu, dass sich der Streit ohne Urteil erledigt.

Inhaltlich entschied das BSG, dass hier die Rechnung nicht schon deshalb von Beginn an korrekt war, weil nach beiderseitiger Zustimmung zu dem gerichtlichen Gutachten der Betrag letztlich stimmte. Zwar sei nun üblich nicht eine neue und korrigierte Rechnung erforderlich. Den Fehler in der Rechnung habe das Krankenhaus aber erst mit seiner Zustimmung zu der Stellungnahme des Sachverständigen beseitigt. „Dadurch wurde erstmals eine korrekte und damit die Fälligkeit der Krankenhausvergütung auslösende Rechnung für den streitigen Behandlungsfall erstellt”, stellte das BSG klar. Die Klage der Krankenkasse sei daher gerechtfertigt gewesen, daher müsse nun auch die Klinik sämtliche Verfahrenskosten tragen. mwo/fle

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