Bessere Förderung für Hartz-IV-Kinder mit Rechtschreibschwäche

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BSG: Es geht um Kulturtechniken und nicht nur um die Versetzung

Hartz-IV-Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche haben Anspruch auf eine längere Lernförderung. Im Gegensatz zur Nachhilfe gehe es hier nicht nur um kurzfristige Hilfen, sondern um das Erlernen lebenslang wichtiger Kulturtechniken, urteilte am Mittwoch, 25. April 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 4 AS 19/17 R). Jobcenter sollen danach aber jeweils prüfen, welche Förderung sinnvoll ist.

Betroffene klagen gegen Jobcenter

Der 2002 geborene Kläger wohnt mit seiner arbeitslosen Mutter im Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein. Im Herbst 2011, zu Beginn des dritten Schuljahres, wurde bei ihm eine Lese-Rechtschreib-Schwäche diagnostiziert. Wie der Arzt hielt auch die Schule eine Lernförderung für erforderlich. Die Mutter schickte den Jungen daraufhin zu einem Förderkurs in der örtlichen Volkshochschule mit 90 Unterrichtsminuten pro Woche.

Die Kosten hierfür von 56 bis 89 Euro pro Monat sollte sie nach Ansicht des Jobcenters selbst bezahlen. Die Jobcenter müssten nur für eine vorübergehende Hilfe aufkommen, insbesondere, wenn die Versetzung gefährdet ist. Wegen des Notenschutzes für anerkannte Legastheniker sei dies aber nicht der Fall.

BSG: Es geht um mehr als kurzzeitige Maßnahmen

Doch darauf kommt es auch nicht an, betonte nun das BSG. Das Bundesverfassungsgericht habe 2010 mehr Unterstützung für Kinder in Hartz-IV-Familien gefordert (Urteil vom 9. Februar 2010, Az.: 1 BvL 1/09 und weitere). Neben weiteren Leistungen sei danach auch die Lernförderung extra in das Sozialgesetzbuch eingefügt worden. Diese umfasse daher „mehr als nur Nachhilfe und nicht nur kurzzeitige Maßnahmen“, urteilte das BSG. Lernziel sei bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche nicht nur die Versetzung, „sondern die Kulturtechniken Lesen und Schreiben“. Im Streitfall soll allerdings das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht in Schleswig noch klären, welche Hilfen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen für den Jungen notwendig und sinnvoll waren. Bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche, die in ihrem Ausmaß einer Behinderung gleichkommt oder deren Folgen zu einer Behinderung führen, komme auch eine Zuständigkeit der Sozialhilfe in Betracht.

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