Die gesetzliche Krankenkasse muss einer autistischen Versicherten nicht die Ausbildung ihres Hundes zum Autismus-Assistenzhund bezahlen. Auch wenn das Tier der Frau ein Sicherheitsgefรผhl vermittle und sie mit dem Vierbeiner bei regelmรครigen Spaziergรคngen und Hundetreffen leichter Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen kรถnne, mรผsse die Krankenkasse der Versicherten keine โOptimalversorgungโ gewรคhren, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 18. November 2024, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: L 16 KR 131/23).
Kasse nicht zustรคndig
Zudem seien die Krankenkassen weder fรผr Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch fรผr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zustรคndig.
Geklagt hatte eine 49-jรคhrige Frau, die aufgrund ihres Autismus Schwierigkeiten hatte, soziale Kontakte zu knรผpfen. Ihre Therapeutin empfahl ihr 2016, sich einen Hund anzuschaffen. Damit sollte ihr das Verlassen der Wohnung erleichtert werden.
Zwei Jahre spรคter beantragte sie bei ihrer Krankenkasse die Kostenรผbernahme fรผr die Ausbildung ihres Hundes zum Autismus-Assistenzhund. Das Tier gebe ihr emotionalen Rรผckhalt.
Krankenkasse muss nicht fรผr tierischen โGefรคhrtenโ aufkommen
Regelmรครige Spaziergรคnge oder Hundetreffen wรผrden sich gesundheitsfรถrdernd auswirken. Mit dem Tier kรถnne sie leichter soziale Kontakte knรผpfen. Ohne Ausbildung zum Assistenzhund kรถnne sie ihren Hund jedoch an vielen Orten nicht mitnehmen, etwa in Arztpraxen, an ihren Arbeitsplatz oder in Supermรคrkte.
Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, da die Versicherte ihre Alltagsgeschรคfte auch ohne einen ausgebildeten Assistenzhund bewรคltigen kรถnne.
Das LSG bestรคtigte mit Beschluss vom 21. Oktober 2024, die Auffassung der Krankenkasse. Diese mรผsse den Versicherten keine Optimalversorgung gewรคhren.
Die Krankenkasse mรผsse nicht alle Behinderungsfolgen in sรคmtlichen Lebenslagen ausgleichen. Dass der Hund ein Sicherheitsgefรผhl vermittle, der Klรคgerin das Verlassen des Hauses erleichtere und sie mit anderen Menschen besser kommunizieren kรถnne, sei auch ohne Ausbildung zum Assistenzhund mรถglich.
Schlieรlich sei die Krankenkasse weder fรผr Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch fรผr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zustรคndig.
LSG Celle: Ausbildung zum Autismus-Assistenzhund nicht notwendig
Das LSG Baden-Wรผrttemberg hatte mit Urteil vom 21. Oktober 2024 entschieden, dass auch Opfer sexueller Gewalt von ihrer Krankenkasse keinen Assistenzhund zur Behandlung ihrer Posttraumatischen Belastungsstรถrung (PTBS) verlangen kรถnnen (Az.: L 4 KR 1714/21; JurAgentur-Meldung vom 4. November 2024).
Denn bei dem speziell fรผr eine Versicherte ausgebildeten Hund handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, fรผr die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das hรถchste Gremium im Gesundheitswesen, erst eine Empfehlung geben muss.