Auch bei Volljährigkeit: Betreuungsunterhalt bei geistig behinderten Kindern

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Auch wenn ein Kind volljährig ist, können Elternteile Anspruch auf Betreuungsgeld haben. Dies gilt bei einer geistigen Behinderung dann, wenn das Kind auf eine umfassende Betreuung angewiesen ist und der unterhaltsberechtigte Elternteil als gesetzlicher Betreuer tätig ist. So urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (6 UF 69/23).

Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt

Alleinerziehende haben immer einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt durch den Ex-Partner, bis das Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat.

Danach muss besonders begründet werden, warum der / die Alleinerziehende nicht arbeiten kann, sondern der Partner / die Partnerin weiter für die Betreuung des Kindes zahlt. Geprüft wird dabei der Einzelfall.

Bei Kindern mit Behinderungen, die besonderer und umfassender Betreuung bedürfen, ist diese Begründung gegeben, wenn die Alleinerziehenden als gesetzliche Betreuer tätig sind.

Ob es Betreuungsplätze gibt, oder ob eine weitere persönliche Betreuung des Kindes notwendig ist, wird ebenfalls im Einzelfall entschieden.

Wenn Alleinerziehende gesetzliche Betreuer sind, dann haben sie die Entscheidungsgewalt über den Verbleib des Kindes, im Fall einer schweren geistigen Einschränkung also darüber, ob das Kind beim Elternteil wohnt, oder in eine Einrichtung zieht.

Ex-Ehemann will nicht weiter für Betreuung zahlen

Ein geschiedener Ehemann beantragte beim Amtsgericht Dieburg die Abänderung eines Unterhaltstitels, durch den seine Ex-Ehefrau nachehelichen Unterhalt erhält.

Ex-Ehefrau erklärt weitere Betreuung für notwendig

Die geschiedene Ehefrau beruft sich hingegen auf die notwendige Betreuung des inzwischen volljährigen Kindes. Dieses hat zwei angeborene Gendefekte. Es leidet deshalb an enormen Entwicklungsstörungen, und die Intelligenz ist in hohem Ausmaß gemindert.

Die Ex-Ehefrau ist gesetzliche Betreuerin

Das Kind hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 100 und seit dem Jahr 2017 die Pflegestufe 4. Die Mutter und Ex-Ehefrau pflegt das Kind.

Das Gericht lehnt den Antrag ab

Das Amtsgericht lehnte den Abänderungsantrag des Ex-Ehemanns ab. Dieser hatte Beschwerde eingelegt, weil er behauptete, das Kind sei nicht mehr auf die Betreuung durch die Ex-Ehefrau angewiesen.

Der Ex-Ehemann richtete sich an die nächste Instanz. Doch auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hielt seinen Antrag für unbegründet.

“Es besteht weiterhin Anspruch auf Betreuungsunterhalt”

Das Oberlandesgericht argumentierte folgendermaßen: Das Kind sei zwar volljährig, doch sei es nach wie vor auf eine umfangreiche Betreuungsleistung angewiesen, auch außerhalb der Fremdbetreuung durch Schule und Ausbildung.

“Ex-Ehefrau ist entscheidungsbefugt”

Die Ex-Ehefrau sei die gesetzliche Betreuerin und hätte im Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnis über den Aufenthalt des Kindes bestimmt.

Es sei also gerechtfertigt, dass sie die persönliche Betreuung des Kindes übernehme.

“Erwerbstätigkeit ist unzumutbar”

Es sei der Ex-Ehefrau nicht zuzumuten, neben der Betreuung eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Es sei zwar richtig, dass die unterhaltsberechtigte Person (die Ex-Ehefrau) nicht für die Zeiten auf eine notendige persönliche Betreuung verweisen könne, in der das Kind in Schule oder Ausbildung verweile.

Dabei müsse aber beachtet werden, dass eine verlangte Erwerbstätigkeit zusätzlich zur verbleibenden Betreuung des Kindes nicht dazu führe, dass die Ex-Ehefrau übermäßig belastet werde.

Deshalb müsste weiterhin das Betreuungsgeld an sie bezahlt werden, und die Unterhaltspflicht bleibe bestehen.