Sozialamt muss bei festgestellter Mangelernährung Mehrbedarf zahlen

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Eine erkrankte Sozialhilfeempfängerin fordert monatlich 200 Euro Mehrbedarf für Ernährung aufgrund ihrer Tumorerkrankung. Eine Tumorerkrankung muss jedoch nicht zu einer Mangelernährung führen; sie kann eine solche lediglich verursachen.

Mitwirkungspflichten beim Antrag auf Mehrbedarf für Ernährung

Sozialhilfeempfänger müssen, wenn sie einen Mehrbedarf für Ernährung vom Sozialamt erhalten möchten, bei der Antragstellung mitwirken, indem sie der Behörde ärztliche Unterlagen ihrer Behandler vorlegen.

Kein Mehrbedarf im Eilverfahren ohne glaubhafte Nachweise

Kein Mehrbedarf für Ernährung (§ 30 Abs. 5 SGB XII) bei Tumorerkrankung für eine Sozialhilfeempfängerin im Eilverfahren, wenn die Antragstellerin dies gegenüber der Behörde beziehungsweise gegenüber dem Gericht nicht im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten glaubhaft macht, zum Beispiel durch Vorlage eines ärztlichen Attestes (so das Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.10.2025 – L 2 SO 2806/25 ER-B –).

Kurzbegründung des Gerichts: Voraussetzungen des krankheitsbedingten Mehrbedarfs

Der Anordnungsanspruch auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII ist von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden.

Gesetzliche Grundlage: Ernährungsbedingter Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII

Nach dieser Vorschrift gilt: Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn ihr Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als nur geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf; Satz 1).

Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen (Satz 2).

Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen (Satz 3). Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die der Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht (Satz 4).

Diese Anspruchsvoraussetzungen sind von der Antragstellerin trotz Hinweises des Gerichts nicht glaubhaft gemacht worden.

Diagnostizierte Mangelernährung als zentrale Anspruchsvoraussetzung

Erst wenn eine Mangelernährung diagnostisch gesichert ist, ist ein Mehrbedarf zu bejahen. Die Ernährungstherapie bei Mangelernährung orientiert sich an der Vollkost und besteht in der Modifikation der Nahrung durch Erhöhung der Kaloriendichte. Bei dieser modifizierten Ernährung entstehen im Vergleich zur Vollkosternährung Mehrkosten, die die DV in Höhe von 10 % der Regelbedarfsstufe 1 bemisst (vgl. DV-E, S. 12).

Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Tatsachen gegenüber dem Sozialamt

Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind nach alledem nicht glaubhaft gemacht worden. Denn die Antragstellerin hat trotz Hinweises des Gerichts ihren Mitwirkungspflichten nicht genügt, da sie keine entsprechenden medizinischen Nachweise vorgelegt hat. Bevor die Gerichte hierzu Amtsermittlungen einleiten, liegt es an der Antragstellerin, entsprechend tätig zu werden und ärztliche Unterlagen ihrer Behandler vorzulegen.

Rechtstipp: Mehrbedarf für Ernährung auch bei Bürgergeld möglich

Bürgergeld-Leistungsempfänger, die an einem krankhaften Untergewicht leiden, können unter Umständen einen Anspruch auf Mehrbedarf für Ernährung (§ 21 Abs. 5 SGB II) haben. So entschieden vom SG Gießen, Urteil vom 09.07.2013 – S 22 AS 866/11 WA –.