Arbeitsunfähigkeit: Verhalten des Krankgeschriebenen kann Beweiswert erschüttern
Wenn ein Arbeitnehmer selbst Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Arbeitsunfähigkeit liefert, dann erschüttert das Beweiswert seiner Krankmeldung. So entschieden das Landesarbeitsgericht Köln (7 Sla 54/25) und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (2 Sa 203/22) in unterschiedlichen Fällen.
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Arbeitsausrüstung zurückgegeben und krankgeschrieben
Im Fall, der in Köln verhandelt wurde, hatte ein Busfahrer seine Ablehnung gegenüber einem neuen Arbeitsplan geäußert und ohne Aufforderung seines Arbeitgebers seine Arbeitsausrüstung abgegeben.
Am gleichen Tag reichte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, und zwar bis zum Ende der Befristung seiner Arbeitsstelle. Der Arbeitgeber weigerte sich, dem Betroffenen Entfgelt im Krankheitsfall auszuzahlen und machte Zweifel an einer tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit geltend.
Eisessen während der Krankschreibung
Er verwies auf die geäußerte Ablehnung neuer Fahrdienste und die Rückgabe der Arbeitsausrüstung. Außerdem hatte er den Krankgeschriebenen mit seiner Familie während der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit in einem Eiscafe gesehen.
Busfahrer scheitert vor Gericht
Der Fall ging bis vor das Landesarbeitsgericht Köln, und dort blieb der Busfahrer mit seiner Klage erfolglos. Die Richter sahen den hohen Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch das eigene Verhalten des Arbeitnehmers erschüttert.
Kündigung und Krankschreibung
In Schleswig-Holstein ging es um eine Pflegeassistentin, die kündigte und sich zugleich krankschreiben ließ. Sie bat im Mai 2022 schriftlich um ihre Kündigung zum 15. Juni 2022. Sie bat den Arbeitgeber um die Zusendung einer Kündigungsbestätigung und der Arbeitspapiere an ihre Wohnanschrift und bedankte sich für die bisherige Zusammenarbeit.
Arbeitgeber weigert sich, Entgelt zu zahlen
Ab dem 5. Mai erschien sie nicht mehr zur Arbeit. Sie reichte durchgehend bis zum 15. Juni 2022, genau für sechs Wochen, Krankschreibungen ein. DerArbeitgeber weigerte sich, Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit zu leisten, da er vermutete, dass die Krankschreibungen nur dazu dienten, die Zeit bis zur Kündigung aufzufüllen.
Kein Erfolg vor Gericht
Die Betroffene klagte zuerst vor dem Arbeitsgericht und dann vor dem Landesarbeitsgericht, um den Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung zu verpflichten. Vor dem Arbeitsgericht war sie erfolgreich. Der Arbeitgeber legte Berufung ein, und die Richter beim Landesarbeitsgericht entschieden anders als die erste Instanz.
Beweiswert ist erschüttert
Die Richter räumten ein, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert habe. Deshalb könne ein Arbeitgeber diesen nur erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände erläutere, die Zweifel an einer Erkrankung ergeben. In diesem Fall sei dies dem Arbeitgeber gelungen, denn die Zeit der Krankschreibung seien passgenau mit der Dauer der Kündigungsfrist erfolgt.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein verwies auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Beweiswert erschüttert sei, wenn die Krankschreibung im Zusammenhang mit der Kündigung erfolge und sich genau auf den Zeitraum der Kündigungsfrist beziehe. (5 AZR 149/21)