Arbeitslosengeld: 32 Monate Leistungen auch bei zu früher Meldung

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Die Bundesagentur für Arbeit muss jemand informieren, der sich arbeitslos meldet und unmittelbar vor einem Lebensabschnitt steht, in dem er die Leistung länger beziehen könnte, dass diese Möglichkeit besteht. So urteilte das Hessische Landessozialgericht. (L 7/10 AL 185/04). Es sei in diesem Fall auch möglich, die Wirkung der Arbeitslosmeldung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Kurz vor dem 57. Geburtstag arbeitslos

Der Betroffene meldete sich arbeitslos, nachdem er zuvor Krankengeld bezogen hatte.  Die Agentur bewilligte ihm Arbeitslosengeld für 780 Tage.  15 Tage später wurde er 57 Jahre alt.

Ab dem vollendeten 57. Lebensjahr hätte er einen Anspruch auf 32 Monate Arbeitslosengeld gehabt. Er wies darauf hin, dass die Agentur ihn darauf hätte aufmerksam machen müsse und verlangte, seinen Widerspruch als Überprüfungsantrag zu werten.

Agentur für Arbeit sieht kein Fehlverhalten

Die Agentur lehnte es ab, den Bewilligungsbescheid zu ändern. Es sei weder Recht falsch angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden.

Eine Arbeitslosenmeldung sei eine Tatsachenerklärung, und diese könne der Betroffene weder anfechten noch zurücknehmen oder anderweitig beseitigen.  Sie ließe sich also nicht fiktiv auf eine spätere Zeit verlegen.

Betroffener betont die Beratungspflicht der Behörde

Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main und argumentierte, die Behörde hätte ihn von sich aus aufmerksam darauf machen müssen, dass er die Meldung verschieben könne.

Das hätte er auch getan, da es sich nur um wenige Tage gehandelt hätte, aber acht Monat länger die Leistung bezogen hätte. Es spreche rechtlich nichts dagegen, den Zeitpunkt der Wirkung zu verschieben.

Nicht die Tatsache wird geändert, sondern die rechtliche Wirkung

Das Gericht stimmte dem zu und verurteilte die Behörde dazu, für 960 Tage statt für 780 die Leistung zu zahlen. Denn nicht die Arbeitslosenmeldung würde in einem solchen Fall geändert, vielmehr hätte die Behörde ja Kenntnis von der Arbeitslosigkeit als Tatsache erhalten.

Vielmehr würde der Eintritt der rechtlichen Wirkung hinausgeschoben, und hier könne die Behörde gestalten, auch um Beratungsfehler zu vermeiden.

Außerdem hätte die Behörde einen solchen Fehler begangen. Sie sei in einem solchen besonderen Fall (bei nur wenigen Tagen bis zum Beginn einer längeren Arbeitslosengeld-Zahlung) verpflichtet gewesen, den Betroffene darauf hinzuweisen und zwar ohne Nachfrage.

Arbeitsagentur sieht Arbeitslosmeldung nicht als Willensakt

Die Behörde akzeptierte das Urteil nicht, sondern legte Berufung vor dem Landessozialgericht ein.  Die Agentur erklärte, es handle sich bei der Arbeitslosmeldung nicht um einen Willensakt, sondern um eine Tatsache. Deren Wirkung beginne mit dem Beginn der Beschäftigungslosigkeit.

Die Agentur habe die Aufgabe, Betroffene in Arbeit zu bringen und ein Verschieben des Beginns der Wirkung stehe dem entgegen.

Landessozialgericht sieht Verschiebung der Wirkung als richtig an

Das Landessozialgericht sah das anders. Es stimmte dem Sozialgericht zu und entschied, dass die Agentur die Wirkung der Arbeitslosenmeldung auf den Geburtstag des Betroffenen hätte verschieben müssen.

Eine Arbeitslosenmeldung lasse sich zwar nicht vorverlegen, aber nachverlegen. Dies gelte insbesondere, wenn die Agentur für Arbeit ihre Pflicht zur Beratung missachte. Diese Voraussetzung sei hier gegeben.