Schwerbehinderung: Anspruch auf Schadensersatz wegen Diskriminierung

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Laut dem Bundesarbeitsgericht kann die Vermutung begrรผndet sein, dass ein Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung wegen seiner Schwerbehinderung erfolgt, wenn ein Arbeitgeber Vorschriften missachtet, die dafรผr da sind, Menschen mit Schwerbehinderungen am Arbeitsplatz zu schรผtzen und zu fรถrdern.

Trifft dieser Fall zu, dann hat der Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung Anpruch auf Schadensersatz. (Bundesarbeitsgericht, Urteil, Az. 8 AZR 191/21)

Der Tatbestand

Es ging in letzter Instanz darum, ob ein Arbeitgeber Entschรคdigung an einen Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung zahlen musste. Rechtsvorschrift dabei ist ยง 15 Abs. 2 AGG. War der Betroffene wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden?

Der Betroffene hatte bei dem Arbeitgeber als Hausmeister gearbeitet, an einer Grundschule. Seit Februar 2018 war er wegen eines Schlaganfalls halbseitig gelรคhmt und arbeitsunfรคhig erkrankt. Dies wurde dem Arbeitgeber unmittelbar zeitnah mitgeteilt, durch die vorlรคufigfe Betreuerin des Betroffenen.

Der Arbeitgeber kรผndigte dem Betroffenen im Mรคrz mit dem Hinweis darauf, dass der Vertrag mit der Stadt, aufgrund dessen der Betroffene als Hausmeister arbeitete, ebenfalls geendet hรคtte. Eine Kรผndigungsklage des Betroffenen endete mit einem Vergleich.

Klage auf Entschรคdigung

Der Betroffene klagte aber auรŸerdem auf Zahlung einer Entschรคdigung und verwies darauf, dass der Arbeitgeber ihn wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt habe. Er hรคtte ihn ohne Zustimmung des Integrationsamtes gekรผndigt und damit gegen Vorschriften verstoรŸen, gegen Verfahrenspflichten, die vorgeschrieben seien.

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Zum Zeitpunkt seiner Kรผndigung sei seine Schwerbehinderung offenkundig gewesen. Er habe mit halbseitiger Lรคhmung auf der Intensivstation gelegen, und dies habe sein Arbeitgeber gewusst.

“Vermutliche Benachteiligung kann begrรผndet sein”

Das Bundesarbeitsgericht urteilte jetzt: Ein VerstoรŸ des Arbeitgebers gegen Vorschriften zu Verfahren und Fรถrderpflichten zugunsten von Menschen mit Schwerbehinderungen kรถnne die Vermutung einer Benachteiligung begrรผnden, die wegen der Schwerbehinderung erfolgte.

Dadurch gehรถre auch die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes bei Kรผndigung eines schwerbehinderten Menschens.

Trotz mรถglicher Benachteiligung kein Erfolg

Dennoch gestand das Gericht dem Klรคger keinen Anspruch auf Entschรคdigung zu. Er sei zwar unmittelbar benachteiligt gewesen, hรคtte aber nicht darlegen kรถnnen, dass diese Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung erfolgt sei.

Die fehlende Absprache mit dem Integrationsamt kรถnne zwar eine Vermutung begrรผnden, dass die Schwerbehinderung eine Mitursache fรผr die Benachteiligung war. Eine schlรผssige Darlegung dieser Vermutung durch den Betroffenen fehle aber.

Wie begrรผndete das Gericht das Urteil

Insbesondere folgte das Gericht nicht der Auffassung, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kรผndigung von einer offenkundigen Schwerbehinderung hรคtte ausgehen mรผssen.

Auch wenn der Arbeitnehmer im Februar wegen eines Schlaganfalls mit halbseitiger Lรคhmung intensivmedizinisch behandelt worden sei, gebe es keine nachweisliche Kenntnis des Arbeitgebers von einer Schwerbehinderung.

Die nicht eingeholte Zustimmung des Integrationsamtes sei insofern nicht als schadensersatzpflichtige Diskriminierung zu werten.