Zwei Jahre später in Rente: Lohnt sich das wirklich?

Viele fragen sich: Lohnt es sich, die Regelaltersrente nicht mit 67 zu starten, sondern bis 69 zu warten und weiterzuarbeiten? Entscheidend sind Zuschläge für den Aufschub und neue Entgeltpunkte aus Arbeit.

Was der Rentenaufschub rechtlich bringt

Wer die Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht sofort in Anspruch nimmt, erhält dauerhaft einen Zuschlag von 0,5 Prozent pro Monat Aufschub. Das entspricht 6 Prozent pro Jahr. Zusätzlich zählen Beiträge aus weiterem Arbeitsverdienst als neue Entgeltpunkte.

Beides erhöht die spätere Monatsrente dauerhaft. Das regelt § 77 SGB VI und wird von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) so bestätigt.

Seit 1. Juli 2025 beträgt der aktuelle Rentenwert 40,79 Euro. Jeder volle Entgeltpunkt bringt damit 40,79 Euro brutto pro Monat. Dieser Wert ist für unsere Beispielrechnung entscheidend.

Rechenbeispiel mit aktuellen Werten

Nehmen wir eine versicherte Person mit 45 Entgeltpunkten zum 67. Geburtstag. Startet die Rente sofort (Zugangsfaktor 1,0), ergibt das etwa 1.835,55 Euro brutto im Monat (45 × 40,79 €). Wartet die Person zwei Jahre, arbeitet weiter und erwirbt dabei insgesamt zwei zusätzliche Entgeltpunkte, steigt die spätere Rente wie folgt:

Entgeltpunkte gesamt nach zwei Jahren: 47
Zuschlag für 24 Aufschub-Monate: +12 % (Zugangsfaktor 1,12)
Effektive Entgeltpunkte: 47 × 1,12 = 52,64

52,64 Entgeltpunkte × 40,79 Euro = rund 2.147,19 Euro brutto monatlich. Die spätere Rente liegt damit etwa 311,64 Euro über der Sofortrente mit 67. (Rundungen möglich.)

Der Preis des Wartens: entgangene Rentenzahlungen

Wer zwei Jahre auf den Rentenbeginn verzichtet, lässt die Monatsrenten für 24 Monate ungenutzt. In unserem Beispiel sind das rund 44.053 Euro brutto (1.835,55 € × 24). Diese Summe muss die spätere Rentenerhöhung erst wieder einspielen.

Break-even: 44.053 Euro geteilt durch die monatliche Mehr­rente von 311,64 Euro ergibt rund 141 Monate. Das sind etwa 11 Jahre und 9 Monate. Der finanzielle Ausgleich wäre also ungefähr kurz vor dem 81. Geburtstag (Rentenstart 69 + 11 Jahre 9 Monate) erreicht.

Erst danach „lohnt“ sich der Aufschub rein rechnerisch. (Steuern, Kranken-/Pflegebeiträge und individuelle Verdienste bleiben in diesem Modell außen vor.)

Wichtige Praxisfrage: Weiterarbeiten und trotzdem Rente beziehen?

Viele übersehen eine zweite Option: Sie können mit 67 die Rente beziehen und weiterarbeiten. Seit 2023 gibt es bei Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr – auch nicht vor der Regelaltersgrenze, und erst recht nicht danach. Der Job gefährdet die Rente also nicht.

Ab Erreichen der Regelaltersgrenze gilt: Wer neben der Rente weiterarbeitet, ist grundsätzlich rentenversicherungsfrei, kann aber durch eine verbindliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber die Versicherungspflicht wählen.

Dann fließen wieder Beiträge – und die DRV erhöht die laufende Rente jährlich um die daraus neu entstandenen Entgeltpunkte. Zusätzlich gibt es auch auf diese neuen Punkte einen Zuschlag von 0,5 Prozent pro Aufschub-Monat bis zur nächsten Erhöhung. Das macht den gleichzeitigen Rentenbezug plus Arbeit oft attraktiver als den vollständigen Verzicht auf die Rente.

Zahlenvergleich: Aufschub bis 69 vs. Rente ab 67 + Job

Variante Finanzielle Wirkung (vereinfacht, brutto)
Rente ab 67, nicht aufschieben Sofortrente ca. 1.835,55 €/Monat; parallel arbeiten ist unbegrenzt möglich. Neue Entgeltpunkte erhöhen jährlich die laufende Rente.
Rente aufschieben bis 69 Zwei Jahre keine Rentenzahlung (entgangene ca. 44.053 €). Danach ca. 2.147,19 €/Monat – rund 311,64 € mehr als bei Start mit 67. Break-even nach ca. 11 Jahren 9 Monaten.

(Modellrechnung mit Rentenwert 40,79 €, ohne Steuern/Beiträge und ohne individuelle Lohnentwicklung.)

Was bedeutet das für Ihre Entscheidung?

Der Aufschub kann sich finanziell lohnen – wenn Sie nach dem späten Rentenstart noch lange genug leben und die höhere Monatsrente lange beziehen. Statistisch steigt die fernere Lebenserwartung in höheren Altern, bleibt aber individuell sehr unterschiedlich.

Orientierungswert: Laut aktueller Sterbetafel liegt die Lebenserwartung bei Geburt für Männer bei rund 78,5–78,9 Jahren und für Frauen bei 83,2–83,5 Jahren. Entscheidend ist jedoch Ihre persönliche Gesundheits- und Erwerbssituation.

Viele Leserinnen und Leser fahren besser, wenn sie mit 67 die Rente starten und weiterarbeiten. Sie sichern sich laufende Renteneinnahmen, verdienen unbegrenzt hinzu und erhöhen die Rente durch neue Entgeltpunkte und Zuschläge – ohne zwei Jahre auf Geld zu verzichten. Diese Gestaltung ist flexibel und lässt sich anpassen, wenn sich Arbeit oder Gesundheit ändern.

Steuer- und Beitragsaspekte kurz erklärt

Altersrenten sind einkommensteuerpflichtig. Hinzuverdienst unterliegt der Lohnsteuer. Wie viel Netto bleibt, hängt von Gesamteinkommen, Kranken-/Pflegeversicherungsbeiträgen und individuellen Freibeträgen ab.

Konkrete Auswirkungen klären Sie am besten mit einer Lohn-/Steuerberatung. Die Rentenhöhe selbst ändert der Steuerabzug nicht – maßgeblich bleiben Entgeltpunkte, Zugangsfaktor und Rentenwert. Die zugrunde liegenden gesetzlichen Mechanismen sind davon unabhängig.

Aufschub ist möglich – aber kein Selbstläufer

Zwei Jahre weiterarbeiten ohne Rentenbezug erhöht die spätere Rente spürbar. Doch der finanzielle Vorteil zeigt sich erst nach vielen Jahren Rentenbezug. Wer Sicherheit und Flexibilität will, fährt oft besser mit Rente ab 67 und Job: Sie erhalten sofort Geld, bauen weiter Punkte auf und profitieren zusätzlich von den Zuschlägen auf neue Beiträge.

Prüfen Sie Ihre Entgeltpunkte, Ihren Gesundheitszustand, Ihre Steuerlast und die familiäre Planung – und lassen Sie sich im Zweifel beraten. Die DRV bietet dafür kostenlose Auskünfte.